Carsten Kahl im Gespräch „Bei Neukunden fehlt das persönliche Zusammenkommen“

Carsten Kahl, Leiter Wealth Management & Private Banking der HVB

Carsten Kahl, Leiter Wealth Management & Private Banking der HVB: Sein erstes Kalenderjahr im neuen Amt brachte dank Corona einige unerwartete Hürden, die es mit seiner 230 Mann starken Beratermannschaft im Wealth Management zu bewältigen galt. Foto: Hypovereinsbank

private banking magazin: Herr Kahl, verlangen hochvermögende Kunden in Corona-Zeiten von der Bank ihres Vertrauens mehr Betreuung als üblich?

Carsten Kahl: Es bedarf mehr denn je einen Ansprechpartner, der ad hoc zur Verfügung steht. Die Corona-Pandemie verursacht sehr dynamische Entwicklungen. Wir haben viele unternehmerische Kunden, die mit ihrem Unternehmen oder als Selbstständige auf beruflicher Seite von Corona betroffen sind und sich zuallererst darum kümmern müssen. Die Pandemie betrifft aber ebenso das Thema Vermögensanlage, resultierend aus den Veränderungen an den Märkten. Deshalb brauchen unsere Kunden definitiv mehr Informationen und mehr Beratung.

Wie bewerkstelligen Ihre Berater den Kundenwunsch nach erhöhter Erreichbarkeit, gerade in Zeiten persönlicher Kontaktbeschränkungen?

Kahl: Wir haben bereits vor der Pandemie in unsere digitalen Beratungskanäle und unsere IT investiert. Auf dieser vorhandenen Infrastruktur können wir bei der Kommunikation mit unseren Kunden aufsetzen – sprich neben Telefon vor allem Videokonferenzen, die uns nah an den Kunden bringen und dafür sorgen, dass wir im engen Austausch bleiben. Das funktioniert auch aus dem Homeoffice sehr gut.

Was läuft nicht so gut?

Kahl:  Bei der Vermögensanlage sind wir es gewohnt, uns bei strategischen Entscheidungen an einen Tisch zu setzen. Wir sind uns aber sicher, dass wir auch in der Pandemie die gleiche Servicequalität bieten und unseren Kunden helfen können, strategische Entscheidungen zu treffen, auch wenn Sie zuhause bleiben müssen. Dass die persönlichen Treffen derzeit deutlich eingeschränkt sind, ist gerade bei Neukunden-Akquisitionen eine große Herausforderung, weil die Vertrauensbasis über eine langjährige Zusammenarbeit noch nicht geschaffen wurde. Das gilt besonders bei komplexeren Themen wie Altersvorsorge, Nachfolge, Immobilien oder Nachhaltigkeit. Das sind alles Aspekte, die wir mit Neukunden besonders intensiv diskutieren, in der Regel mit den entsprechenden Spezialisten und mehr als einem Familienmitglied. Da fehlt das persönliche Zusammenkommen. Videokonferenzen können aber viel überbrücken und sind für uns eine gute Möglichkeit, unseren Kunden auch in dieser außergewöhnlichen Situation zur Seite zu stehen. Diese neue Kommunikationsform wird für uns als Bank und auch die Kunden immer stärker zur Normalität.

Sind Sie auch draußen beim Kunden?

Kahl: Aktuell nicht. Meine Kollegen und ich werden aber – sobald es das Infektionsgeschehen zulässt – wieder in der Region unterwegs sein. Wir haben ein Konzept entwickelt, das es uns ermöglicht, die Gesundheit der Mitarbeiter und der Kunden zu schützen und trotzdem erlaubt, in persönliche Meetings zu gehen. Solange die Pandemie andauert, müssen wir physische Kontakte natürlich auf strategisch sehr wichtige Meetings beschränken. Viele Themen kann man über Telefon oder Videokonferenzen gut besprechen. Dadurch werden wir trotz möglicher Lockerungen nur eine sehr begrenzte Zahl an physischen Meetings haben. Der Schutz unserer Kunden und Mitarbeiter hat für uns oberste Priorität.  

Kunden persönlich treffen bleibt also ein Must-Have.

Kahl: Das ist etwas, auf das wir nicht verzichten wollen, sobald sich die Situation wieder normalisiert. Der moderne Wealth Manager und Private Banker verbindet eine effiziente, kundenorientierte und digitale Plattform mit digitalen Kommunikationswegen wie beispielsweise den Videokonferenzen und führt gleichzeitig sehr persönliche Gespräche. Nun wenn wir breit aufgestellt sind als Omni-Kanal-Bank und als Omni-Kanal-Wealth Manager oder Private Banker können wir die Anforderungen der Zukunft abdecken. Wir beobachten bei unseren Kunden zunehmend, dass sie ihre Form der Interaktion verändern – verstärkt durch Corona aber auch generell. Viele Informationen, die sie früher analog eingefordert haben, haben sich in die digitale Welt verlagert. Kunden möchten sich die für sie relevanten Informationen digital selbst zusammenstellen. Sie möchten häufigere, aber dafür kürzere Gespräche. Diese sind viel einfacher per Videokonferenz. Wir werden auch langfristig eine Veränderung der Interaktion mit den Kunden sehen. Deshalb müssen wir von der digitalen Plattform bis hin zum persönlichen Gespräch im Grunde alles anbieten, um gute Wealth Manager und Private Banker zu sein.