Bavest-Gründer im Interview „Viele Investoren möchten weg vom klassischen ESG-Ansatz“

Das Bavest-Gründertrio: Ramtin Babaei, Pedram Babaei und William Todt (von links).

Das Bavest-Gründertrio: Ramtin Babaei, Pedram Babaei und William Todt (von links). Foto: Bavest

private banking magazin: Was war für euch damals ausschlaggebend, die Bavest zu gründen?

Ramtin Babaei: Wir haben zuvor im Asset Management gearbeitet und festgestellt, dass trotz einiger großer Player ein Bedarf an Infrastruktur besteht, die alternative Daten wie ESG- und Klimadaten sowie KI-basierte Analysen bereitstellt. Asset Manager setzen zunehmend auf KI-Investments, verfügen jedoch oft nicht über die nötige Expertise oder die Ressourcen, um KI-Technologien intern in großem Umfang einzusetzen. Hinzu kommt, dass derzeit alle führenden Daten- und Analyseanbieter fast ausschließlich aus den USA stammen. Darüber hinaus konzentrieren sich die aktuellen Anbieter größtenteils auf Large-Cap-Unternehmen und wenige Mid-Caps, was Investoren, die auf Small-Caps setzen, erheblichen manuellen Aufwand verursacht.

Wo habt ihr begonnen, wo steht ihr heute?

Babaei: Wir sind zunächst 2021 als B2C-Produkt gestartet – unser Ziel war es Privatanlegern Zugang zu Daten zu geben, die sie bei anderen Plattformen nicht vorfinden. Dabei entwickelte sich Bavest im Hintergrund immer mehr zu einem KI- und Daten-Unternehmen: Die Daten, die für unser B2C-Produkt benötigten, mussten wir selbst sammeln und analysieren, zum Beispiel CO2-Emissionsdaten oder andere KPIs von Mid- und Small-Caps. Inzwischen sind wir ein Datenanbieter für alternative Finanzdaten geworden und mittlerweile setzen auch Banken und Asset Manager auf uns.

Die Entwicklung von KI und Maschinellem Lernen ist atemberaubend schnell. Wie stellt ihr sicher, dass ihr stets auf der Höhe der Zeit bleibt?

Babaei: Unser Data-Science-Team überprüft regelmäßig die neuesten Paper und nimmt an renommierten Konferenzen teil, auf denen KI-Themen diskutiert werden. Wir pflegen enge Beziehungen zu Universitäten und der KI-Community. Auch von unseren Investoren wie zum Beispiel Christian Trummer, Gründer von Bitpanda, erhalten wir Input und Ideen zu Thema KI.

Was macht eure Tools und Schnittstellen wettbewerbsfähig?

Babaei: Was uns besonders macht, ist die Abdeckung: Wir liefern Daten und Analysen für Large-, Mid- und Small-Caps. Außerdem sind wir in der Datenauswertung transparent und erläutern, wie unsere Auswertungen zustande kommen. Durch unsere Machine-Learning-Tools können wir darüber hinaus mehr Daten anbieten als andere Datenanbieter.

Welche Analysen werden aktuell besonders nachgefragt?

Babaei: Aktuell sind unsere ESG- und Klimadaten besonders gefragt. Viele Banken, aber auch Fintechs bauen an Modellen ähnlich zu ChatGPT, mit dem Fokus auf den Kapitalmarkt. Hierbei ist unsere historische Report-Datenbank gefragt, denn die Large Language Modelle brauchen die Reports, um die Finanzzahlen der letzten Jahre wiedergeben zu können.

Nun bewegt sich ESG in der Kapitalmarktwelt so zwischen Nerv- und Must-have-Thema. Wie bewertet Ihr die Entwicklung?

Babaei: Man muss unterscheiden zwischen nachhaltigen Impact- und ESG-Investments. ESG ist ein regulatorisches Framework für Investoren und Unternehmen, kann viel Arbeit bedeuten und auch anstrengend werden. Viele Investoren möchten weg vom klassischen ESG-Ansatz und tiefer in die Materie Nachhaltigkeit eindringen. Wann ist ein Unternehmen wirklich nachhaltig? Wie wichtig sind die Zulieferer und wie kann man weg von nicht aussagekräftigen, intransparenten Ratings zu messbaren, starken KPIs?

Welchen Nutzwert liefern eure ESG-Analysen?

Babaei: Wir ermöglichen Portfoliomanagern anhand klarer Zahlen, die transparent und nachvollziehbar sind, ein Verständnis für die Nachhaltigkeit von Unternehmen und dem eigenen Portfolio zu erhalten. Unsere ESG-Analysen ermöglichen damit die Identifizierung potenzieller Risiken in Bezug auf Nachhaltigkeit. Außerdem haben wir verschiedene, eigens entwickelte Klimamodelle und auch Analysen zum Impact auf die Biodiversität – dies alles macht ESG greifbar und messbar.

 

In der aktuellen Finanzierungsrunde zählt unter anderem Alexander Mozer zu den Investoren. Welche Schnittstellen werdet ihr künftig besonders für professionelle Investoren und Fondsmanager anbieten?

Babaei: Wir bieten bereits institutionellen Investoren und Fondsmanagern unsere Fonds-Analytics und ESG-Daten an. Dies werden wir in diesem und kommenden Jahr ausbauen und komplexe Zusammenhänge greifbar machen: Welchen Einfluss hat soziales Sentiment auf mein Portfolio? Woher kommen die Rohstoffe für das Produkt, zum Beispiel Lithium bei E-Autos? Welchen Einfluss hat die Volatilität des Rohstoffpreises auf Produktion des Portfoliounternehmens und schlussendlich auf die Performance meines Portfolios? Diese Fragen wollen wir mit unseren KI-Modellen und Daten abbilden.

Wie wird KI und Machine Learning die Arbeit von Portfoliomanagern verändern? Werden Fondsmanager ersetzt werden?

Babaei: Portfoliomanager müssen weniger, händische Arbeit vom Research verrichten und erhalten Zugang zu viel mehr Daten. Bedeutet, die KI übernimmt vieles – der Portfoliomanager oder Analyst muss aber am Ende dennoch die Entscheidungen treffen, eben mit nur einer größeren Datenbasis, die mehr Sicherheit ermöglicht. Fondsmanager wird es immer geben. Es kann sein, dass in 20, 30 oder 50 Jahren, KI-Systeme von selbst handeln und investieren – in der ersten Form von algorithmischen Trading-Bots gibt es dies ja schon. Aber den Menschen wird es immer brauchen, der mit Blick auf Kunden, Weltwirtschaft und eigenen Interessen Investment-Themen und die Richtung angibt.

Was wünscht ihr euch für den Digital-Standort Deutschland? Wo läuft es gut? Wo nicht?

Babaei: Deutschland kann mit Top-Forschung und guten Universitäten Spitzentalente hervorbringen, ähnlich zu den USA und China. Vor allem im Bereich Informatik, KI und Ingenieurwissenschaften ist Deutschland stark. Aktuell ist die Digitalinfrastruktur noch sehr schwach. Die übertriebene Bürokratisierung ist ein Problem und die fehlende Digitalisierung bei öffentlichen Ämtern erschwert vieles für Gründer. Wir sind jedoch sehr dankbar, in Deutschland ein Unternehmen aufbauen zu dürfen: Auch wenn nicht alles perfekt ist, bietet Deutschland zahlreiche vielversprechende Möglichkeiten und eine solide Grundlage, um einen globalen europäischen Finanzplayer aufzubauen.


Über den Interviewten:

Ramtin Babaei ist Co-Gründer und Geschäftsführer von Bavest. Das Fintech bietet den Zugang zu Echtzeit-Finanzdaten und alternativen Daten wie Sentiment-, ESG- und Klimadaten. Zu den Kunden gehören Asset Manager, Banken und Family Offices. 

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