Bankvertrieb 2.0 Wie technologieorientierte Ansätze das Private Banking verändern

Jan Kühne ist Digitalchef der Hamburger Privatbank M.M. Warburg & Co.

Jan Kühne ist Digitalchef der Hamburger Privatbank M.M. Warburg & Co. Foto: M.M. Warburg & Co

Der digitale Wandel erreicht nach einer Schonfrist nun die Finanzindustrie. Der Frage, was genau die Digitalisierung hier ausmacht, und wie sie sich elementar von den bei Banken lange eingeübten Digitalisierung von Geschäftsprozessen unterscheidet, habe ich an anderer Stelle bereits versucht zu erläutern. An dieser Stelle möchte ich von dieser Entwicklung den Aspekt Vertrieb aufgreifen und vertiefen. Und um eins vorwegzunehmen: Aus Sicht der Banken liegt hier eine große Chance, wirklich wieder Eigner ihrer Kundenbeziehungen zu werden.

Marketing und Vertrieb müssen auch in der Finanzindustrie an sich verändernde Kundengewohnheiten angepasst werden. Die klassischen Vertriebsansätze im Private Banking werden zunehmend stumpf. Zum Handwerkskasten des Kundenbetreuers im Privat Banking zählen seit jeher das Netzwerken, zum Beispiel auf eigenen oder fremden Veranstaltungen und Events, das Aussprechen von Kennenlernen-Einladungen in das Bankhaus oder die Empfehlungen durch Bestandskunden.

Es ist nicht so, dass das gar nicht mehr funktioniert. Nur wird es eben zunehmend ineffizient. Die Anzahl der Gespräche, die ein Kundenbetreuer heute führt, bei denen auf der Gegenseite sowohl Interesse als auch Potential für interessantes Geschäft vorliegt, steht häufig in einem ungesunden Verhältnis zu dem Aufwand, der vorher betrieben werden muss, um in diese Situationen zu kommen. Dieses Vorgehen nutzt sich mehr und mehr ab.

Lieber zum Zahnarzt als zur Bank?

Ein gerne unter Bankern kolportiertes Bonmot: Menschen gehen inzwischen leider lieber zum Zahnarzt als in eine Bank gehen. Das Grundproblem des klassischen Vertriebsansatzes ist aber ein anderes: Die Art und Weise, wie wir heute mit der Umwelt kommunizieren, ist eben nicht mehr die von vor zehn Jahren – vor Einführung des iPhones, möchte man da anfügen.

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Die Wege, wie wir uns informieren, Medien konsumieren, mit unseren Mitmenschen austauschen, hat sich gravierend verändert. Das gleiche gilt für unsere geschäftlichen Interaktionen: Wie wir Marken erleben, Vertrauen zu diesen aufbauen, mit ihnen in Kontakt treten, geschäftliche Beziehungen anbahnen und umsetzen. Auch das hat sich in einem gleichen Maße verschoben und findet zu einem großen Anteil online statt.

Es wird zunehmend aufwändiger, durch den analogen Relationship-Ansatz in der aktiven telefonischen Kontaktaufnahme, dem sogenannten Outbound, eine hinreichend große Anzahl an Kundenkontakten zu ermöglichen, die qualifiziert genug sind, um in einen tatsächlichen Geschäftsabschluss zu konvertieren. Es gilt, sich den geänderten Mustern anzupassen und auch dort stattzufinden, wo sich die Lebenswirklichkeit der Kunden hin verlagert. Und Online-Präsenz meint nicht nur, Marketing-Budgets von den klassischen Medien ins Internet zu verschieben.