Die Schweizer Versicherungskonzerne Baloise und Helvetia haben ihre Pläne für eine Fusion bekannt gegeben. Durch den Zusammenschluss entstünde die zweitgrößte Versicherungsgruppe der Schweiz mit einem kombinierten Geschäftsvolumen von 20,2 Milliarden Schweizer Franken und einem Marktanteil von rund 20 Prozent.
Konkurrent Zurich, der im Februar Interesse an einer Übernahme von Baloise verkündet hatte, ginge damit leer aus. „Sollte Baloise verfügbar sein, schauen wir sie uns an“, hatte sich Zurich-Chef Mario Greco zitieren lassen.
Bald als „Helvetia Baloise Holding AG“ unterwegs
Bei der Transaktion wird Baloise rechtlich in Helvetia eingegliedert, wobei Helvetia als übernehmende Gesellschaft bestehen bleibt und anschließend in „Helvetia Baloise Holding AG“ umbenannt wird. Trotz dieser rechtlichen Struktur betonen beide Unternehmen, dass es sich um einen Zusammenschluss unter Gleichen („Merger of Equals“) handelt, was sich auch in der paritätischen Besetzung des Verwaltungsrats und der Schlüsselpositionen widerspiegelt.
Eine Fusion unter Gleichen bezeichnet den Zusammenschluss von zwei Unternehmen, die in etwa die gleiche Größe, Marktstellung und wirtschaftliche Bedeutung haben, zu einer neuen, rechtlich selbstständigen Einheit. Im Gegensatz zu einer klassischen Übernahme, bei der ein Unternehmen das andere dominiert, treten bei einem Merger of Equals beide Partner als gleichberechtigte Akteure auf.
Die Verwaltungsräte beider Unternehmen haben bereits zugestimmt. Der Vollzug der Transaktion wird für das vierte Quartal 2025 erwartet, vorbehaltlich der Zustimmung der Aktionäre und der aufsichts- und kartellrechtlichen Genehmigungen.
Deutliche Synergieeffekte erwartet
Die Fusion soll laut den Unternehmen jährliche Synergien von rund 350 Millionen Schweizer Franken vor Steuern und vor Beteiligung der Versicherungsnehmer generieren. Diese kommen zusätzlich zu den bereits bestehenden Kosteneffizienzplänen beider Unternehmen. Etwa 80 Prozent der Synergien sollen bis 2028 realisiert werden.
„Der Zusammenschluss zu Helvetia Baloise ist ein bedeutender Meilenstein in der Geschichte der Schweizer Versicherungswirtschaft. Es ist der nächste logische Schritt für beide Unternehmen bei der Umsetzung ihrer jeweiligen Strategien auf dem Weg zu einem führenden europäischen Versicherer“, erklärt Thomas von Planta, Verwaltungsratspräsident der Baloise Holding.
Helvetia-Chef übernimmt die Führung
Die Helvetia Baloise Holding AG wird an der Schweizer Börse SIX unter dem Valorensymbol „HBAN“ gehandelt werden. Baloise-Aktionäre erhalten 1,0119 Helvetia-Aktien für jede Baloise-Aktie. Die Aktienkurse beider Gesellschaften reagierten positiv auf die Fusionsnachricht.
Der Verwaltungsrat der neuen Gruppe wird aus 14 Mitgliedern bestehen, davon jeweils sieben von Baloise und Helvetia. Thomas von Planta (derzeit Verwaltungsratspräsident von Baloise) wird Präsident, Ivo Furrer (Verwaltungsratsmitglied Helvetia) Vizepräsident.
In der Geschäftsleitung übernimmt Helvetia-Chef Fabian Rupprecht die Position des Vorstandsvorsitzenden (CEO). Baloise-Vorstandschef Michael Müller übernimmt die Position als stellvertretender Chef und Integrationsverantwortlicher. Finanzchef (CFO) wird Matthias Henny aus dem Baloise-Vorstand, Investmentchef (CIO) wird Helvetia-Vorstand André Keller.
Der Hauptsitz wird in Basel sein, wobei St. Gallen als wichtiger Standort erhalten bleiben soll.
Europäische Expansion und Marktposition
Mit mehr als 22.000 Mitarbeitenden wird Helvetia Baloise zum größten Arbeitgeber im Schweizer Versicherungssektor. Dennoch ist ein Stellenabbau geplant (siehe unten).
Außerdem will der neue Konzern nach eigenen Angaben nicht nur der zweitgrößte Versicherer in der Schweiz sein, sondern auch zu einem bedeutenden Player in Europa avancieren. Die Gruppe wird in acht Ländern präsent sein – neben der Schweiz in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Belgien, Österreich und Luxemburg – und zudem ein globales Specialty-Geschäft betreiben.
Dividendenkapazität soll steigen
Für die Aktionäre verspricht die Fusion nach Unternehmensangaben ebenfalls Vorteile. Durch die Synergien der Fusion soll der jährliche operative Cashflow dauerhaft um etwa 220 Millionen Schweizer Franken steigen, wenn alle Kostenvorteile vollständig umgesetzt sind. Für das Geschäftsjahr 2029 plant das fusionierte Unternehmen, rund 20 Prozent mehr an Dividenden zahlen zu können, als beide Versicherer zusammengerechnet als eigenständige Unternehmen laut aktuellen Analystenschätzungen ausschütten würden.
Die neue Versicherungsgruppe werde über eine sehr solide finanzielle Basis verfügen, so die Mitteilung weiter. Mit einer geschätzten Solvenzquote (SST-Quote) von über 240 Prozent zum 1. Januar 2025 übertrifft sie die regulatorischen Anforderungen deutlich. Dieser Schweizer Solvenztest (SST) ist der maßgebliche Indikator für die Finanzstärke von Versicherungsunternehmen in der Schweiz und zeigt, wie gut ein Versicherer unerwartete Risiken abfedern kann.
Stellenabbau geplant
Die Integration werde nicht ohne Stellenabbau vonstattengehen, warnen die beiden Versicherer. Dieser soll jedoch, wann immer möglich, durch natürliche Fluktuation und Frühpensionierungen erreicht und vor 2029 umgesetzt werden.
Die ordentlichen Generalversammlungen beider Unternehmen finden am 25. April 2025 statt, die außerordentlichen Generalversammlungen zur Abstimmung über die Fusion am 23. Mai 2025. Die Patria Genossenschaft als größter Aktionär von Helvetia (34,1 Prozent des Aktienkapitals) hat bereits zugesagt, für die Fusion zu stimmen.
Das von Baloise geplante Aktienrückkaufprogramm wird bei Zustimmung zur Fusion nicht gestartet.