Deutsche Versicherungen behaupten ihre Position als wichtige Investoren für Alternative Investments – auch in Zeiten steigender Anleiherenditen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Bundesverbands Alternative Investments (BAI), für die 111 institutionelle Investoren mit einem verwalteten Vermögen von über 2,3 Billionen Euro befragt wurden.
Versicherungen sind in der Anlageklasse erfahrener als andere institutionelle Investoren. 37 Prozent der befragten Versicherer stufen sich als Experten für alternative Anlagen ein, im Vergleich zu knapp 25 Prozent bei anderen Investoren. Diese Erfahrung zeigt sich in den Investitionsquoten: Fast 87 Prozent der Versicherer investieren in Private Equity, während es bei anderen institutionellen Anlegern nur 65 Prozent sind.
Ähnlich verhält sich dies zudem bei anderen alternativen Anlageklassen, wie der Anteil an investierten Versicherern und anderen institutionellen Anlegern im Vergleich verdeutlicht (siehe Grafik). Infrastruktur- und Immobilienbeteiligungen haben mehr als 93 Prozent beziehungsweise 95 Prozent der Versicherer in ihren Portfolios.
Unterschiedliche Strategien je nach Versicherungstyp
Die Investmentstrategien unterscheiden sich dabei deutlich je nach Art des Versicherers. Rückversicherer konzentrieren sich aufgrund ihrer größeren regulatorischen Flexibilität häufig auf Eigenkapitalinvestments wie Private Equity und Infrastructure Equity. Dazu erläutert Philipp Kratzer von der Meag: „Sie müssen in der Regel langfristige Zahlungsverpflichtungen abdecken, was es ihnen ermöglicht, Illiquiditätsprämien zu erhalten.“
Erstversicherer, besonders im Lebens- und Gesundheitssektor, bevorzugen dagegen Fremdkapital-Anlagen wie Immobilien- und Infrastrukturfinanzierung, die Einkommen generieren. Dies liegt daran, dass sie strengeren Anforderungen ausgesetzt sind. Sie benötigen stabile Erträge, um garantierte Verpflichtungen zu erfüllen.
Allgemein beobachtet Kratzer bei alternativen Anlagen weiterhin eine hohe Nachfrage, obwohl das Ende der Niedrigzinsphase seit dem Zinsanstieg 2022 den traditionellen Anleihen wieder mehr Aufwind gegeben hat. Weil sich die Zinssätze normalisiert haben, ist der Markt für alternative Anlagen seines Erachtens nach gesünder und ausgewogener.
Illiquidität und Regulierung als größte Hürden
Die größten Herausforderungen sehen die Versicherer in der Illiquidität der Anlagen (47,8 Prozent) und regulatorischen Anforderungen (45,7 Prozent). Außerdem hemmt der sogenannte Denominator-Effekt: Weil der Wert anderer Vermögenswerte zwischenzeitlich sank, sind die Quoten für Alternative Investments rechnerisch bereits stark gestiegen.
Trotz dieser Herausforderungen planen viele Versicherer, weiter mehr in Alternative Investments zu investieren – besonders viel Aufholpotenzial bietet der Bereich Private Debt, da die Versicherer dort im Vergleich zu Beteiligungen noch weniger stark investiert sind. Laut Studie wollen fast 57 Prozent mehr Kapital in diese Anlageklasse investoeren – mehr als andere institutionelle Investoren mit 52 Prozent. Gleichzeitig sind Versicherer bei Infrastruktur- und Immobilienfinanzierung bereits stärker investiert als andere Anleger.
Für Kathrin Schmidt vom GVV ist Private Debt „derzeit die attraktivste illiquide Anlageklasse“. Dabei hebt Schmidt das günstige Verhältnis von Rendite zu Kapitalbedarf (SCR) hervor. Positiv ist der Ausblick auch für Private Equity: 39 Prozent der deutschen Versicherer wollen dort mehr investieren – mehr als im internationalen Vergleich, wo es nur 29 Prozent der Versicherer genauso sehen.
Digitalisierung und neue Produkte treiben Wachstum
„Deutschland ist ein Schlüsselmarkt für Private Equity“, sagt Armin Beerwart von der W&W Asset Management. Anders als in den gesättigten Märkten der USA oder Großbritanniens gebe es hierzulande noch Wachstumspotenzial – vor allem bei Familienunternehmen, die nach Wachstums- und Nachfolgelösungen suchen. Besonders wichtig sei dabei, dass sich Fondsmanager auf die Umsetzung von Strategien für künstliche Intelligenz und technologische Fortschritte in ihren Portfoliounternehmen konzentrieren.
Sollte es neue Produkte geben, könnte auch die Branche weiter wachsen. Beerwart hebt besonders fondsgebundene Lebensversicherungen hervor, die so flexibel seien, bis zu 100 Prozent in alternative Anlagen oder private Märkte zu investieren. Sollten sich diese Produkte am Markt durchsetzen, dürfte auch das in Alternativen Investments verwaltete Vermögen weiter wachsen. Bisher beschränkten sich Lebensversicherungen auf einen ganz anderen Kapitalpool. Alternative Investments könnten den erweitern.