Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat grünes Licht gegeben für den Zusammenschluss von Gothaer und Barmenia zur Barmenia Gothaer (Eigenschreibweise: BarmeniaGothaer). Die Nachricht vom Wochenende haben die beiden Unternehmen am Montagvormittag zeitgleich bestätigt. Erst im Juli waren die Verträge unterschrieben worden.
Der Handelsregistereintrag wird bereits für Anfang September erwartet, wie es in einer gemeinsamen Mitteilung heißt. Dann ist der Zusammenschluss rückwirkend zum 1. Januar 2024 gültig. Die Standorte Wuppertal und Köln sollen erhalten bleiben. Für die Mitarbeiter gilt eine dreijährige Beschäftigungsgarantie. Der neue Markenauftritt soll am 8. Oktober, zunächst intern, präsentiert werden.
Neuer Konzern wird zehntgrößter deutscher Versicherer
Aus der bisherigen Nummer 15 und Nummer 21 der umsatzstärksten Versicherer wird die Nummer Zehn im deutschen Versicherungsmarkt mit einem Prämienvolumen von rund 8 Milliarden Euro und 7.500 Mitarbeitern. Die gemeinsame Kapitalanlage wird ein Volumen von gut 33 Milliarden Euro haben. Das Konstrukt ist durchaus kompliziert. Beide Unternehmen werden von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit geführt, sie gehören quasi ihren Versicherten. Deshalb handelt es sich auch nicht um eine Fusion wie bei Aktiengesellschaften. Die Obergesellschaft der neuen Gruppe mit Kontrolle über die aktiven Gesellschaften ist die Barmenia Gothaer Finanzholding in Köln. Sie gehört wiederum zwei Versicherungsvereinen. Der Gothaer-Verein hält 64 Prozent an der Gruppe, der Barmenia-Verein 36 Prozent.
Trotz der Eigentumsverhältnisse gilt laut Satzung Parität
Die Barmenia soll trotz der Eigentumsverhältnisse indes nicht benachteiligt werden, wie die beiden Konzernchefs Oliver Schoeller (Gothaer) und Andreas Eurich (Barmenia) in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) betonen. In der Satzung der künftigen gemeinsamen Finanzholding ist die Parität demnach fest verankert. Eurich: „Alle Entscheidungen im neuen Konzern müssen gemeinsam getroffen werden, beide Seiten haben gleich viele Stimmrechte. Das ist gut aufgenommen worden, ebenso die Tatsache, dass Oliver Schoeller und ich gleichberechtigte Konzernchefs sind.“
Zusammenführung der Personenversicherer
Mit dem Abschluss der Transaktion (Closing) im September wird laut der beiden Unternehmen auch die Zusammenführung der Lebensversicherer vollzogen. Dabei soll der gesamte operative Geschäftsbetrieb, insbesondere der Bestand der Barmenia Lebensversicherung a. G., auf die Gothaer Lebensversicherung AG übertragen werden. Direkt im Anschluss soll die Barmenia Leben a.G. auf die Barmenia Versicherungen a.G. verschmolzen werden. Mit dem Closing werde auch die Verschmelzung der Gothaer Kranken auf die Barmenia Kranken angestoßen. Dieser Prozess dürfte allerdings noch bis zu drei Jahre dauern, wie es in dem gemeinsamen Statement heißt.
Keine lange Zeit der Selbstfindung
In SZ-Interview wagen die beiden Unternehmenslenker einen Ausblick auf die Zukunft. Eine lange Phase der Selbstbeschäftigung, nach dem durchaus als ehrgeizig zu bezeichnenden Zeitplan für die Vereinigung, will man sich dabei nicht zugestehen. Eurich: „Wir haben viele Probleme auf dem Weg zum Zusammenschluss schon gelöst. Natürlich kommt noch viel auf uns zu. Aber das Ziel ist klar: Das Beste aus zwei Welten soll in die Zukunft überführt werden. Dabei müssen wir natürlich Sachen aussortieren, ob das jetzt bestimmte Produkte sind oder IT-Systeme.“
Kundenzufriedenheit, Fachkräftemangel und Digitalisierung
Schoeller sieht auch Folgen für die Kundenzufriedenheit. „Der Anspruch eines Versicherers müsse sein, Sachschäden innerhalb einer Woche zu bearbeiten und auch in der Krankenversicherung schneller zu werden“. Doch wie alle Versicherer klagen Gothaer und Barmenia über den Fachkräftemangel, außerdem ist laut Schoeller der Digitalisierungsgrad nach wie vor zu gering. Dazu komme das hohe Wachstum von mehr als 10 Prozent pro Jahr bei den Kölnern.
Ob der neue Konzern hierfür Lösungen finden wird, bleibt derweil offen. Billiger dürfte es Kunden mit Sicherheit nicht werden. Auf eine diesbezügliche Frage antwortete Schoeller gegenüber der SZ: „Es wird vor allem besser.“ Aber natürlich gebe es auch Kostenaspekte. Wie viel der neue Konzern einsparen will, verrieten die beiden Versicherungsmanager nicht..