Bafin-Analyse Haben Pensionskassen und Pensionsfonds ihre Kosten im Griff?

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Bafin-Analyse
Haben Pensionskassen und Pensionsfonds ihre Kosten im Griff?
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Julia Wiens leitet leitet seit Anfang dieses Jahres den Geschäftsbereich Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der Bafin. Ihre Mitarbeiter untersuchten nun die durchschnittlichen Gesamtkosten deutscher Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (

Julia Wiens leitet seit Anfang dieses Jahres den Geschäftsbereich Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der Bafin. Ihre Mitarbeiter untersuchten nun die durchschnittlichen Gesamtkosten deutscher Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV). Foto: Bafin / Matthias Sandmann

Die durchschnittlichen Gesamtkosten deutscher Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV), also von Pensionskassen und Pensionsfonds sind nicht zu hoch, ein strukturelles Kostenproblem liegt nicht vor. So lautet der Befund der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Damit ist ein umfassenderes und regelmäßigeres Kosten-Berichtswesen an die Bafin überflüssig.

Eine Stellungnahme der Eiopa, der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, leitete die Untersuchung der Bafin ein. Die EU-Behörde schlug im Oktober 2021 vor, dass die europäischen EbAV an ihre nationalen Aufsichtsbehörden umfassend und regelmäßig über ihre Kosten berichten.

Gleichzeitig hatte sie ermöglicht, dass die Aufsichtsbehörden vor der Entscheidung hierüber die Kostensituation der von ihnen beaufsichtigten EbAV analysieren, was die Bafin im vergangenen Jahr tat. Insgesamt mussten etwa 70 große Pensionskassen und -fonds ihre Kosten des Jahres 2021 an die Finanzaufsicht übermitteln. Gemessen an der Bilanzsumme der Unternehmen entsprach dies gut 90 Prozent des deutschen Gesamtmarkts.

Bafin erhält tieferen Einblick in die Kapitalanlage

EbAVs sind bereits seit längerem dazu verpflichtet, jährlich Daten ihrer wirtschaftlichen Entwicklung an die Bafin zu melden. Die aktuelle Analyse ging jedoch tiefer – für das Jahr 2021 mussten alle expliziten und impliziten Kosten übermittelt werden.

Dazu gehörten beispielsweise auch die Kosten von Investmentfonds, die EbAV als Kapitalanlage halten. Kosten, die den Inventarwert der Fonds mindern, hatten die Einrichtungen bisher nicht ausgewiesen. Gleiches galt für implizite Kosten, die beim Kauf und Verkauf von Kapitalanlagen anfallen können. Zudem mussten alle Kosten gemeldet werden, die der Arbeitgeber direkt trägt. Es galt das Brutto-Prinzip: Kosten durften nicht mit Erlösen verrechnet werden.

Gesamtkosten-Niveau deutscher EbAV auf niederländischem Niveau

Die durchschnittlichen Gesamtkosten betrugen demnach 2021 0,79 Prozent der Kapitalanlagen zu Buchwerten oder 0,72 Prozent der Kapitalanlagen zu Zeitwerten. Damit ist laut Bafin nicht erkannbar, dass die Kosten systematisch zu hoch sind, womit ein strukturelles Kostenproblem ausgeschlossen werden kann.

 

Das Gesamtkostenniveau deutscher EbAV ist ähnlich dem der Niederlande, dem größten EbAV-Markt der Europäischen Union. In den Niederlanden gibt es schon seit Jahren Kostentransparenzinitiativen und ein umfassendes Kosten-Berichtswesen gegenüber der Aufsichtsbehörde.

Umfassenderes Reporting laut Bafin nicht zielführend

Tatsächlich deckte die umfassende Analyse Kosten von 0,49 Prozentpunkten auf, die im bestehenden Berichtswesen nicht enthalten waren (siehe Grafik). Der Aufwand, diese zusätzlichen Daten zu ermitteln, war aber hoch, das berichten die Unternehmen. Das galt vor allem für Kosten in Investmentfonds, die in der Regel nur die Kapitalverwaltungsgesellschaften herausfinden konnten.

Die Bafin bezweifelt, dass ein umfassendes regelmäßiges Kosten-Berichtswesen zu spürbaren Einsparungen führen würde. Angesichts des geringen Nutzens und des hohen Aufwands scheint den Prüfern daher ein solches Berichtswesen nicht angemessen.

Credit: Bafin
  • Anlagekosten: Kosten, die laut Bafin im Zusammenhang mit der Verwaltung von Vermögenswerten anfallen. Dazu zählen unter anderem Personalkosten für die Verwaltung der Kapitalanlage, Kosten für die Verwahrung von Wertpapieren und Management- und Performancegebühren von Investmentfonds. Diese machten mit 0,47 Prozentpunkten den größten Teil der durchschnittlichen Gesamtkosten aus. Die Anlagekosten werden überwiegend von den indirekt gehaltenen Kapitalanlagen verursacht.

Den Großteil dieser Anlagekosten im indirekten Bestand – 0,35 Prozentpunkte – weisen die EbAV im bestehenden Berichtswesen nicht ausdrücklich als Kosten aus.

  • Transaktionskosten: Kosten, die beim Kauf oder Verkauf von Kapitalanlagen entstehen, sowohl im direkten Bestand als auch bei Investmentfonds (beispeilsweise Maklerprovisionen, Zeichnungs- oder Rücknahmegebühren, Abschlusskosten, implizite Transaktionskosten). Sie waren der drittgrößte Kostenblock. Transaktionskosten fielen vor allem im indirekten Bestand an. Sie werden bisher größtenteils nicht als Kosten ausgewiesen.

Die Anlage- und Transaktionskosten im indirekten Bestand fielen im Durchschnitt höher aus als im direkten Bestand. Allerdings seien laut Bafin neben den Kosten einer Kapitalanlage auch andere Aspekte ausschlaggebend, wie etwa die Rendite. Gespräche mit den EbAV hätten gezeigt, dass meist im indirekten Bestand gehaltene komplexere Kapitalanlagen höhere Kosten verursachen können. Auf den ersten Blick relativ teure Kapitalanlagen haben aber mitunter auch deutlich höhere Renditen nach Kosten. Zudem gäbe es performanceabhängige Kosten, die nur bei einer entsprechenden Entwicklung entstehen, sodass eine isolierte Kostenbetrachtung nicht sinnvoll sein.

  • Verwaltungskosten: Alle von den EbAV selbst getragenen Verwaltungskosten, etwa Personalaufwendungen, gezahlte Regulierungsaufwendungen, Abschlussprovisionen oder übrige Verwaltungsaufwendungen. Die Vertriebskosten mussten gesondert angegeben werden.

Sie waren mit 0,19 Prozentpunkten der zweitgrößte Kostenblock. Die Zahlen waren fast deckungsgleich mit den bisher der Bafin bekannten Verwaltungskosten.

 
  • Von Trägerunternehmen direkt getragene Kosten: Alle Kosten, die von den Trägerunternehmen direkt getragen, aber nicht der EbAV in Rechnung gestellt wurden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Personal, Büroräume oder Geschäftsausstattung der EbAV ohne Abrechnung bereitgestellt wurden. Sie hatten nur einen geringen Anteil an den Gesamtkosten.

Hintergrund zur Erhebung der Bafin

Analyse und Erkenntnisse daraus beziehen sich laut Bafin ausschließlich auf das Jahr 2021. Zu dieser Zeit gab es in Deutschland nur Altersversorgungssysteme mit regelmäßig festen Beiträgen und garantierten Leistungen. Die reine Beitragszusage, bei der die Versorgungsberechtigten Kosten und Risiken tragen, gibt es hierzulande erst seit 2022.

Die Eiopa schlug der Europäischen Kommission im Oktober 2023 Änderungen für die EbAV-Richtlinie vor. Dazu zählt erneut ein regelmäßiges Kosten-Berichtswesen, allerdings nur für Altersversorgungssysteme, in denen die Versorgungsberechtigten Risiken tragen. Es ist offen, inwieweit dieser Vorschlag berücksichtigt wird. 

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