Auswege aus der Niedrigzinsfalle „Der Markt ist wie er ist – auch für Stiftungen“

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Als zweiten Punkt des ABC-Approachs nannten Sie das Bargaining, das Ausgabeverhalten von Stiftungen. Wo sehen Sie da Stellschrauben?

Seifart: Insgesamt lässt sich ein Trend beobachten, der gedanklich dem Impact oder Mission Investing ähnlich ist, bei dem gemeinwohl-orientierte Faktoren in der Vermögensanlage für Stiftungen einzogen werden.

Anders herum halten betriebswirtschaftliche Instrumente auf Projektebene im Dritten Sektor Einzug. Beispiel Social Franchise, das fast genauso wie man es von Franchise-Firmen aus der freien Wirtschaft kennt, funktioniert. In der Praxis kreieren oder identifizieren Sie ein besonders gut funktionierendes Projekt und gestalten dazu eine entsprechende Infrastruktur, um das Projekt an einem anderen Ort identisch als Social Franchise aufzusetzen.

Damit lässt sich vermeiden, dass gleiche Anfangsfehler zweimal gemacht werden. Dadurch erhöhen Sie die Effizienz der eingesetzten Mittel. Anders als in der freien Wirtschaft nehmen sich Stiftungen keine Marktanteile weg, sondern gehen gesellschaftliche Problemstellungen effektiver an. Alternativ oder kumulativ kann eine Stiftung mit einem intelligenten Projektansatz natürlich mehr bewirken.  

Als dritten Bereich nannten Sie noch das Campaigning, die Mitteleinwerbung. Machen sich zu viele Stiftungen nicht zu große Hoffnungen, was die Möglichkeiten des Themas angeht?

Seifart: Natürlich klingt das jährliche Spendenaufkommen im einstelligen Milliardenbereich verlockend. Um realistisch zu bleiben, ist die Einschätzung des eigenen Potentials der Stiftung an Förderern und der Konkurrenzsituation unentbehrlich. Es ist einfach unwahrscheinlich einen Dauerspender einer anderen Tierschutzstiftung für die eigenen Ziele, die vielleicht im Denkmalschutz liegen, zu begeistern.

In Zahlen betreiben nach Schätzungen des Deutschen Fundraising-Verbands zirka 20.000 Stiftungen und Vereine hierzulande Fundraising. Davon gehen nicht einmal 1.000 Organisationen mit festangestelltem Personal vor.

Fundraising muss man als Investition der eigenen Zeit verstehen, Kosten einkalkulieren und Geduld für erste Erfolge mitbringen. Vom Erstkontakt bis zum Mitteleingang dauert es statistisch gesehen durchschnittlich neun Monate.

Wie sähe eine strukturierte Vorgehensweise aus?

Seifart: Für ein aussichtsreiches Fundraising sollte man die Evaluation der bisherigen Fundraising-Aktivitäten und deren Erfolge, eine Wettbewerbs- und Marktumfeldanalyse, die Analyse des Profils potenzieller Förderer sowie eine Analyse möglicher Benefits der potenziellen Förderer und eine Machbarkeitsstudie vornehmen. Auch ein externer Blick kann sehr hilfreich sein und schützt vor der eigenen Betriebsblindheit oder verfehltem Optimismus.

Beim Fundraising selber gilt es den Unterschied zwischen Spenden und Sponsoring im Blick zu behalten. Ein Antrittsgeld für einen Spendenlauf ist zum Beispiel steuerlich keine Spende, sondern wird von der Finanzverwaltung als Sponsoring gewertet und muss je nach Höhe der Einnahmen versteuert werden.

Dies alles soll aber nicht abschrecken. Selbstverständlich ist es richtig, über neue Ertragspotentiale nachzudenken und der notwendige Aufwand keinen davon abhalten. Das Fundraising sollte man aber geplant und realistisch mit Blick auf die eigenen Ressourcen angehen, dann ist man auch erfolgreich.


Über den Autor:
Jörg Seifart ist Gründer und Geschäftsführer der Gesellschaft für das Stiftungswesen mit Sitz in Düsseldorf. Als Volljurist mit vertieften Kenntnissen in Betriebswirtschaft und Projektmanagement sowie Journalismus und Politik gilt er als Experte für komplexe Fragestellungen rund um das Stiftungswesen.


Veranstaltungshinweis:
Seminar: Stiftungen erfolgreich in der Vermögensanlage beraten

Termin Hamburg (Modul 1): 14. September 2016, Hotel Vier Jahreszeiten

Termin Berlin (Modul 1): 27. September 2016, Schlosshotel Grunewald

Termin Berlin (Modul 2): 28. September 2016, Schlosshotel Grunewald

Preis: 835 Euro (Normalpreis), 30 Prozent Rabatt für Newsletter- und/oder Print-Abonnenten vom private banking magazin sowie Teilnehmern der private banking kongresse

Referenten: Dr. Stefan Fritz, Geschäftsführer mehrerer kirchlicher Stiftungen in München (Modul 1: Berlin); Dieter Lehmann, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter der Vermögensanlage der Volkswagenstiftung (nur Modul 2); Jörg Plesse, Erb- und Stiftungsmanager (Modul 1: Hamburg); Jörg Seifart, geschäftsführender Gesellschafter der Gesellschaft für das Stiftungswesen

Credits (die Veranstaltungsmodule beim FPSB Deutschland registriert): 6,0 CPD-Credits (für jedes Modul)

Zur Anmeldung geht es hier.

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