Auswege aus der Niedrigzinsfalle „Der Markt ist wie er ist – auch für Stiftungen“

Jörg Seifart ist Gründer und Geschäftsführer der Gesellschaft für das Stiftungswesen

Jörg Seifart ist Gründer und Geschäftsführer der Gesellschaft für das Stiftungswesen

private banking magazin: Die Niedrigzinsphase trifft vor allem auch Stiftungen und deren Vermögensanlage. Ist das in der Szene oft diskutierte Impact Investing eine Lösung?

Jörg Seifart: Impact Investing halte ich für einen sehr interessanten Ansatz. Ich sehe es aber eher als Alternative zu einer Stiftung. Impact Investing ist ein neuerer Trend aus den USA, sich zu engagieren. Fast immer sind die Vehikel nicht gemeinnützig, das heißt man bekommt keine Spendenquittungen für den Übertrag.

Dafür ist man logischer Weise aber auch nicht an die Limitierungen des Gemeinnützigkeitsrechts gebunden. Die Chan-Zuckerberg-Initiative ist hierfür ein gutes Beispiel. Sie ist keine Stiftung im herkömmlichen Sinne, sondern klassisches Impact Investing.

Bietet sich Impact Investing – abgesehen von der generellen Unterscheidung – für Stiftungen an?

Seifart: Mein Eindruck ist, dass Impact Investing und Stiftungen nicht so recht übereinander passen. Unter Impact Investing versteht man Anlagen, die neben finanziellen Renditen auch messbare positive soziale und/oder ökologische Wirkungen bei einzelnen Stakeholdern, gesellschaftlichen Gruppen oder in der Gesellschaft als Ganzes erzielen. Wobei es allein schon schwierig ist, eine Messbarkeit als solches zu definieren. Gerade im sozialen Bereich können Sie nur schwierig harte Zahlen definieren und eine plausible Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Investments finden.

Gibt es ausreichend Unterstützung und Produktlösungen seitens der Finanzindustrie?

Seifart: Da müsste noch einiges an Arbeit seitens der Finanzbranche geleistet werden, auch um das Thema im Stiftungsbereich voranzubringen. So kommt auch eine Studie der Bertelsmann Stiftung zu dem Ergebnis, dass für Impact Investing in Deutschland derzeit allenfalls von einem im Entstehen befindlichen Markt gesprochen werden kann.

Zudem dürfte es bei der Vielzahl von Stiftungszwecken schwierig werden, ein Produkt zu kreieren, das bei allen Stiftungen auf der Zweckebene einen messbaren Effekt erzielt. Wenn Sie das Thema professionell angehen wollen, müssen Sie zusätzlich zu den normalen Produktkosten berücksichtigen, dass es eines Experten bedarf, der den zugesagten Impact professionell managt. Das ginge dann in der Niedrigzinssituation zusätzlich noch zu Lasten der Rendite.

Nun ächzen viele Stiftungen bereits unter der Niedrigzinsphase. Ist der Gang ins Risiko die richtige Antwort auf deren Anlagemisere?

Seifart: Es war schon immer so, dass es die Vermögensverwaltung nicht allein bei Stiftungen richten kann. Der Markt ist wie er ist und macht bei Stiftungen als Anleger keine Ausnahme. Gerade für Stiftungen, die auf Ausschüttungen per Definition angewiesen sind, ist die Niedrigzinssituation besonders bitter. Da kann es in den heutigen Zeiten keine Lösung sein, inadäquate Risiken einzugehen.

Stiftungen haben noch andere Optionen ihre Ziele zu erreichen, die teilweise nichts mit der eigentlichen Vermögensverwaltung zu tun haben. Das betrifft die Bereiche A(ccounting), B(argaining) und C(ampaingning) – der sogenannte ABC-Approach. Dabei geht es für eine Stiftung darum ihre Kennzahlen, das Ausgabeverhalten und das Mitteleinwerben zu optimieren, um so weitere Möglichkeiten zu haben, die Stiftungsziele zu erreichen.

Wie kann eine Stiftung ihre Kennzahlen optimieren?

Seifart: Bei vielen Stiftungen arbeiten Vermögensverwaltung und Buchhaltung, das Accounting, ohne einen sinnvollen Austausch nebeneinander her. Dabei wäre der so wichtig.

Leider sind Vermögensverwaltung und Buchhaltung für viele Stiftungsvorstände nicht unbedingt Lieblingsthemen. Dabei wird die Rechnungslegung von so manchem unterschätzt, denn sie hat eindeutig ihre guten Seiten. So empfiehlt es sich diese bewusst zu nutzen, um der Vermögensbewirtschaftung Handlungsempfehlungen und Gestaltungsspielräume aufzuzeigen. Hierzu sollte sie für den Vermögensverwalter wichtige Stiftungskennzahlen im Idealfall tagesaktuell bereithalten können.

Können Sie uns ein Beispiel geben, wie der Austausch zwischen Stiftung und Vermögensverwalter aussehen kann?

Seifart: Nehmen Sie die Umschichtungsrücklage – ein häufig unterschätztes Instrument. In der Systematik einer Stiftung erfüllt sie, wenn positiv, drei Funktionen: Erstens ist sie eine bilanzielle Möglichkeit den Kapitalerhalt darzustellen, neben oder als Alternative zu der steuerrechtlichen Drittelrücklage. Effekt ist, dass weniger oder keine ordentlichen Erträge im Rahmen der zulässigen Rücklagenbildung für den Kapitalerhalt zurückgestellt werden müssen.

Des Weiteren kann die Umschichtungsrücklage als zur Verfügung stehendes Risikobudget im Rahmen der Vermögensverwaltung berücksichtigt werden. Hier ist der Effekt, dass sich Stiftungen bei einer entsprechend hohen positiven Umschichtungsrücklage leichter tun, Buchverluste von nicht mehr aussichtsreichen Kapitalanlagen zu realisieren.

Und drittens ist sie eine stille, ordentliche Ertragsreserve, wenn eine entsprechende Satzungsregelung vorsieht, Mittel umwidmen zu können. Der Effekt ist, dass ein zweiter Ertragstopf aufgebaut wird, der ausgegeben werden kann, aber nicht muss.

Und all diese Effekte können Stiftungen nur dann nutzbar machen, wenn eine Rückkopplung zwischen Vermögensverwaltung und der Buchhaltung besteht?

Seifart: Genau. Einem Anbieter ist daher nur anzuraten, sich nach den wichtigen Stiftungskennzahlen zu erkundigen und die Strategie dementsprechend aufzusetzen. Aus meiner Sicht wird das viel zu selten gemacht. Das ist auch einer der Gründe, abgesehen von dem ganz anderen Anlageuniversum, warum größere Stiftungen tendenziell besser dastehen als kleine. Dort ist ein solcher Austausch oftmals ganz selbstverständlich.