Austritt aus der EU Die nächsten Schritte nach dem Brexit-Votum

Christoph Schmitt und Anthony Trentin von der Kanzlei Beiten Burkhardt

Christoph Schmitt und Anthony Trentin von der Kanzlei Beiten Burkhardt

Großbritannien hat in der gestrigen Volksabstimmung für den Austritt aus der EU gestimmt. Das wird nicht zuletzt im regulatorischen Bereich vieles ändern. Nicht wenige englische Banken, Finanzdienstleister, Fondsgesellschaften und Versicherungen sind mittels des sogenannten „EU-Passes“ in Deutschland tätig, ohne eine deutsche Erlaubnis für den Betrieb ihres Geschäfts zu besitzen. Gleiches gilt umgekehrt für deutsche Unternehmen in England.

Hinzu kommen viele Fragen über den Vertrieb von Finanz- und Versicherungsprodukten sowie andere Bereiche des Aufsichtsrechts, etwa die Anforderungen an Eigenkapital und Liquidität der Institute.

Das weitere Prozedere richtet sich nach Artikel 50 des EU-Vertrags:

1. Austrittserklärung

Zunächst liegt der Ball bei der britischen Regierung: Diese muss gegenüber dem Europäischen Rat den Austritt Großbritanniens aus der EU erklären (Artikel 50 Absatz 2 EUV). Premier Cameron hat bereits angekündigt, dass er dies seinem Nachfolger überlassen wird. Die Austrittserklärung wird also voraussichtlich erst nach Neuwahlen und nicht vor Herbst 2016 erfolgen.

2. Austrittsverhandlungen

Mit der Austrittserklärung beginnen Verhandlungen nach Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) über ein Abkommen zwischen der EU und Großbritannien, das die Einzelheiten des Austritts, insbesondere die künftigen Beziehungen Großbritanniens zur EU, regelt.

Dieses kann auch die Fortgeltung bestimmter europäischer Rechtsakte vorsehen, was insbesondere für solche aufsichtsrechtlichen Vorschriften in Betracht kommt, die auf internationalen Empfehlungen beruhen, beispielsweise die des Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel 3).

Ebenfalls denkbar wäre eine Form der privilegierten Partnerschaft, die gegenseitig vereinfachte Zugänge zu den jeweiligen Märkten vorsieht. Eine Fortgeltung des „EU-Passes“ für Institute ist somit noch nicht völlig ausgeschlossen. Das Abkommen bedarf der Zustimmung des EU-Rats und des EU-Parlaments.

3. Inkrafttreten oder Sunset-Klausel

Mit Inkrafttreten des Abkommens finden die EU-Verträge, sollte ihre Fortgeltung im Rahmen des Abkommens nicht verlängert werden, auf Großbritannien keine Anwendung mehr. Falls ein Abkommen nicht rechtzeitig zustande kommt, tritt derselbe Effekt nach Ablauf von zwei Jahren nach der Austrittserklärung der britischen Regierung automatisch ein (die sogenannte „Sunset-Klausel“). Diese Frist kann der EU-Rat jedoch im Einvernehmen mit Großbritannien verlängern.


Über die Autoren:
Dr. Christoph Schmitt ist Partner bei Beiten Burkhardt in Frankfurt a.M., Anthony Trentin ist Associate und ebenfalls am Standort Frankfurt tätig. Beide sind Mitglieder der Praxisgruppe Bank-/Finanzrecht & Kapitalmarktrecht.

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