Die Furcht vor einer globalen Rezession lässt zum Jahresende nach: Das Teilabkommen zwischen den USA und China sorgt für etwas Entspannung im Handelskonflikt, das Weiße Haus droht nicht länger mit steigenden Zöllen auf europäische Autos und in Großbritannien ist ein „No-Deal-Brexit“ unwahrscheinlicher geworden. Zudem sind die Arbeitsmärkte weltweit solide und der Konsum stützt die Konjunktur in den wichtigsten Wirtschaftsregionen. Damit ist aus unserer Sicht eine Rezession Anfang 2020 unwahrscheinlich.
Dennoch können wir für die Weltwirtschaft keine Entwarnung geben: Für 2020 gehen wir davon aus, dass das tatsächliche Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den wichtigsten Wirtschaftsregionen sein Potenzial nicht erreichen wird. 2021 wird das globale Wachstum unserer Ansicht nach so gut wie stagnieren. Der Mangel an politischer Schlagkraft wird in den kommenden zwei Jahren ein beherrschendes Thema sein.
Die Risiken bleiben bestehen
Es gibt einige Gründe für diese Annahme. Zu viel Schaden ist bereits angerichtet worden. Das chinesisch-amerikanische Teilabkommen wird zwar eine Eskalation des Handelskonflikts verhindern, aber ob eine der bereits 2018 initiierten Zollerhöhungen so schnell zurückgenommen wird, bleibt fraglich.
Zudem sollten wir uns in Erinnerung rufen, dass der Nachfragerückgang aus China bereits vor dem Handelskrieg begonnen hat und wahrscheinlich auch bis nach seinem Ende anhalten wird – sofern es hier ein Ende gibt. Chinas Potenzial beim BIP wird durch die demografischen Herausforderungen des Landes zunehmend beeinträchtigt. Der Übergang zu einem weniger kapitalintensiven Wachstumsmodell belastet darüber hinaus das Trendwachstum.
Im Euroraum haben die Unternehmensgewinne im Trend durchschnittlich nachgelassen. Besonders auffällig ist dies in Deutschland – ein weiterer Grund, bei einem Anstieg der Unternehmensinvestitionen im nächsten Jahr vorsichtig zu sein. In den USA sind die privaten Haushalte trotz niedriger Zinsen und geringer Arbeitslosenquote weniger verschwenderisch geworden, während die Unternehmen ihre Gewinne steigern konnten. Die Sparquote ist im dritten Quartal 2019 auf 8,1 Prozent gestiegen und liegt damit um 0,6 Prozent höher als im Vorjahr. Wir gehen davon aus, dass dies Ausdruck demografischer Faktoren ist und die Konsumausgaben begrenzt.
Politische Faktoren bringen Unsicherheiten mit sich
Daneben bringen verschiedene politische Faktoren Verunsicherungspotenzial mit sich. In den USA hätte eine Amtsenthebung von US-Präsident Donald Trump zur Folge, dass die radikalsten demokratischen Kandidaten in den Vorwahlen Aufwind bekämen. Mit ihrem regulatorischen und steuerbelastenden Fahrplan könnten sie die abwartende Haltung von Unternehmen bei Investitionsentscheidungen weiter verstärken.
In Europa erwarten wir einen schmerzhaften Verhandlungsprozess über ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU. Ein No-Deal-Brexit ist dennoch wahrscheinlich vom Tisch, selbst wenn die Konservativen die Parlamentswahlen gewinnen. Italien konnte zwar dank der politischen Entwicklungen im Inland die Spannungen mit den europäischen Institutionen abbauen, dennoch könnte die Instabilität im Euroraum durch entmutigende Regionalwahlen und mögliche Volksabstimmungen zurückkehren.
Oft sorgen politische Impulse für mehr Wirtschaftswachstum. Wir glauben aber nicht, dass dies der Fall sein wird. Wir erwarten hingegen, dass das globale Wachstum gegen Ende 2020 und 2021 in einen Zustand der Quasi-Stagnation übergeht.