Auf dem Prüfstand, Teil 2 Die deutsche Privatbankenbranche muss einen Kulturwandel vollziehen

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Darauf aufbauend gilt das generelle Gebot für Privatbanken, operative Exzellenz in allen Teilen der Wertschöpfungskette umzusetzen. Im bislang erfolgsverwöhnten Private Banking nutzt die Branche operative Effizienzhebel bis dato nicht in dem Maße wie in anderen Sektoren, die einem heftigen Preiswettbewerb unterliegen, zum Beispiel in der Industrie und im Handel. Im Gegensatz zu der bislang überwiegenden Preisgestaltung mittels pauschalem Prozentsatz des verwalteten Vermögens erscheint ein differenziertes Pricing auch für Privatbanken zeitgemäßer. Denn die Gebührenkalkulation anhand der tatsächlichen Inanspruchnahme von Services schafft kundenseitig nicht nur eine höhere Transparenz und damit Kundenzufriedenheit. Sondern auf diese Weise lassen sich auch strategische Geschäftsfelder erkennen.

Denkbar sind dabei die konsequente Verrechnung von Verwahrentgelten für Einlagen oder auch Kooperationen mit Einlagenmarktplätzen. Diese können als Ventillösung diesen für den Wunsch der Kunden, größere Bestände an Sichteinlagen zu halten. Als weiteren Treiber zur Erhöhung der operativen Exzellenz sollten Banken Vermögensverwaltungslösungen im Vergleich zur Einzeltitelberatung konsequent nach vorn treiben. Auf diese Weise steigern sie systematisch das betreute Volumen je Kundenbetreuer und verbessern schlussendlich die Profitabilität für das gesamte Institut.

Es bestehen also Hebel für die Privatbanken-Branche, um ein auskömmliches Maß an Rentabilität und Wachstum zu erreichen. Chancen liegen etwa im Erschließen profitabler Kundeneinlagen und im Ausbau der provisionstragenden Dienstleistungen bei konsequenter Nutzung aller verfügbaren operativen Hebel zur Steigerung der Prozesseffizienz. Diese Hebel sollten die Branche als Ganzes aber auch die einzelnen Institute in der Zukunft für sich nutzen.

Allerdings sind für die meisten Institute dazu strategische Weichenstellungen für die Zukunft unabdingbar, darunter etwa eine beschleunigte Transformation. Die Privatbanken-Branche sollte die Corona-Krise als exogenen Schock und Wendepunkt nutzen, um in der Zeit des Wandels ihre zum Teil seit vielen Jahren angewandten Geschäftsmodelle neu auszurichten.

Ansatzpunkte für die Erschließung neuer Geschäftsfelder könnten dabei insbesondere sein:

  • das Beteiligungsgeschäft
  • die Beratung von Familienunternehmen bei der Generationennachfolge
  • die internationale Expansion von Familienunternehmen

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Denn um zu auskömmlichen Renditen zurückzukehren und die im europäischen wie auch globalen Wettbewerb bestehende drastische Ergebnislücke zu schließen, müssen die deutschen Institute dringend alle Hebel in Bewegung setzen. Dies schließt die weitere Konsolidierung in der Branche sowie grenzüberschreitende Zusammenschlüsse mit ein. Es unterstützt und garantiert gleichermaßen die immer wichtiger werdende volkswirtschaftliche Funktion der Banken, die Kundengelder zur Mehrung des gesamtwirtschaftlichen Wohlstands noch profitabler zu investieren und gleichzeitig die Wirtschaftsakteure effizient mit Kapital zu versorgen, um so die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige leistungsfähige Wirtschaft zu schaffen.



Über die Autoren:
Stefanie Hehn-Ginsbach lehrt an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen als Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Corporate Finance & Kapitalmarkttheorie. Sie war von 2005 bis 2018 bei der Deutschen Bank tätig und bekleidete dort mehrere Führungspositionen im In- und Ausland. Zudem berät sie privatwirtschaftliche wie auch öffentliche Unternehmen bei finanzwirtschaftlichen Themen.

Gösta Jamin lehrt ebenfalls an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen als Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre. Zudem begleitet er als Berater Banken, Fintechs und andere Finanzdienstleister bei Projekten der digitalen Transformation.

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