Auf dem Prüfstand, Teil 2 Die deutsche Privatbankenbranche muss einen Kulturwandel vollziehen

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Wie genau soll das vonstattengehen? Ein Schlüssel für die Zukunft liegt im Private Banking vor allem in Hybridmodellen, welche die analoge mit der digitalen Welt verbinden: Konkret geht es dabei um die intelligente Verzahnung der Beratungsmodelle – persönlich, digital und vor allem die Mischung aus beiden Konzepten. Abhängig von ihren individuellen Wünschen sollten sich Kunden persönlich beraten lassen und zudem Digitalangebote in Anspruch nehmen können, wenn diese für die jeweilige Anlageform das passendere Format sind. Weiterhin sollten digitale Kunden im Bedarfsfall auch den Zugriff auf eine persönliche Beratung haben.   

Eine derartige Anpassung des Geschäftsmodells erfordert sicherlich einen Kultur- und Verständniswandel: Bis dato besteht im Markt eine gläserne Wand zwischen Robo-Advisory und der klassischen Vermögensberatung. Dabei fehlt bei dem digitalen Angebot typischerweise eine flächendeckende, persönliche und zugleich physische Beratung. Die klassische Beratung der vermögenden Privatkunden hingegen bietet zumeist günstige, standardisierte digitale Anlagemöglichkeiten nicht an. Digitale Angebote sollten Banken – etwa mittels Robo-Advisor – mit niedrigen Einstiegsschwellen anbieten. Das erleichtert den Einstieg auf Kundenseite und die Institute überschreiten schnell eine kritische Maße an operativem Aufwand.

Sparpläne oder Einmalanlagen mit niedrigen Volumen können zudem helfen, Kunden zu geringen Grenzkosten an die Wertpapieranlage heranzuführen, langfristig zu binden und in größere Größenordnungen weiter zu entwickeln. Die Verbindung von Technologien und digitalen Beratungskonzepten, Video-Chat oder Co-Browsing mit persönlicher Beratung für gut-informierte Kunden könnte sich als Nischenvorteil und damit strategischen Wettbewerbsvorteil entwickeln, den gerade Privatbanken im Anlagengeschäft für sich nutzten sollten.         

Produktseitig könnte ein weiterer Ansatz im verstärkten und offensiveren Angebot von nachhaltigen Geldanlagen liegen. In Ergänzung zu klassischen Entscheidungskriterien wie Rendite, Sicherheit und Liquidität sind – gemäß dem gesellschaftspolitischen Trend der Nachhaltigkeit – ökologische und soziale Aspekte für viele Anleger wichtigen Faktoren für eine Anlageentscheidung. Ein Eingehen auf das gestiegene Kundenbedürfnis in dieser Hinsicht eröffnet den Privatbanken ein weiteres Wachstumspotenzial. Gleichzeitig stellen ESG-Anlagen eine Chance für mehr Akzeptanz von Aktien und damit einer größeren Aufgeschlossenheit einer breiten Anlegerbasis für den Kapitalmarkt dar.

Eine weitere, vielversprechende Erfolgskomponente, die branchenübergreifend zu gelten scheint, ist die Fokussierung des Geschäftsmodells. Damit einhergehend ist das Verringern von Komplexität. Der Vergleich der einzelnen Institute lässt nämlich den Schluss zu, dass ein zu großes Leistungsspektrum unnötige Kosten verursacht. Eine zu breite Ausrichtung der Geschäftssegmente mit dem Ziel, sich als „Universalbank im Kleinformat“ aufzustellen, ist daher nicht ratsam. Es zeigt sich vor allem bei kleineren Instituten, dass sich die strategische Zusammenarbeit mit anderen Instituten und Unternehmen bei bestimmten Angeboten und Prozessen positiv auf die operative Effizienz und das Kostenmanagement auswirkt.

Es lohnt sich, herauszuarbeiten, welche Leistungen für das jeweilige Bankhaus ein Alleinstellungsmerkmal sind – und dabei zugleich profitabel. Übrige Angebote sollten die Häuser stattdessen entweder einstellen oder möglicherweise in Zusammenarbeit mit externen Partnern erbringen. Für Privatbanken mit einem klaren Fokus auf die Vermögens- und Kundenberatung hat sich beispielsweise im Asset Management die Zusammenarbeit mit externen Asset Managern oder auch das White Labeling von Investmentfonds bewährt. Ähnliche Ansatzsatzpunkte des Outsourcings sollten die Institute im Bereich des Zahlungsverkehrs und bei IT-Infrastrukturthemen prüfen.