Auf dem Prüfstand, Teil 2 Die deutsche Privatbankenbranche muss einen Kulturwandel vollziehen

Stefanie Hehn und Gösta Jamin, Professoren an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen: Das Analysten-Duo zeigt Branchentrends der deutschen Privatbanken, mit denen die Institute ihr Geschäftsmodell zukunftsfähig aufstellen können.

Stefanie Hehn und Gösta Jamin, Professoren an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen: Das Analysten-Duo zeigt Branchentrends der deutschen Privatbanken, mit denen die Institute ihr Geschäftsmodell zukunftsfähig aufstellen können. Foto: Gösta Jamin / Stefanie Hehn

Der erste Teil der Analyse ausgewählter Finanzkennzahlen deutscher Privatbanken erlaubte interessante Rückschlüsse bei der Beurteilung der individuellen Geschäftsstrategien der Privatbanken. Allerdings scheint es keine einheitlichen Erklärungsmuster zu geben, die den Erfolg aller Institute eindeutig erklären. Aufgrund der Ausrichtung des jeweiligen Geschäftsmodells aber auch wegen der spezifischen Herkunft und Geschichte muss zwar jede Bank grundsätzlich seine individuelle Strategie finden – Dennoch lassen sich einige gemeinsame Stoßrichtungen erkennen, die Aussagen und Trends für die gesamte Branche erlauben.

Zweifelsohne liegen die aktuellen und künftigen Probleme der Bankenlandschaft in Deutschland in einer zu geringen Profitabilität, stagnierenden Provisionsüberschüssen und bei manchen Häusern sogar steigenden Aufwand-Ertrag-Verhältnissen. Häufig lassen sich zudem Megatrends wie Digitalisierung oder Globalisierung als weitere Ursachen für die trüben Zukunftsaussichten heranziehen. Eine kritischere Betrachtung dieser Argumente zeigt jedoch, dass diese Trends sogar interessante Anknüpfungspunkte zur Steigerung der Profitabilität bieten können.

Denn nach wie vor besteht im deutschen Markt eine riesige Wertpapierlücke, die für die Privatbanken ein enormes Wachstumspotenzial in sich birgt. Gemäß einer empirischen Erhebung der Deutschen Bundesbank (vgl. Stand 07/2020) parken deutsche Privathaushalte rund 2,6 Milliarden Euro in Sichteinlagen. Im Gegensatz dazu beläuft sich das Wertpapiervermögen auf nur etwa 1,3 Milliarden Euro – obwohl Inflation und Negativzinsen auf täglicher Basis nicht angelegte Vermögenswerte vernichten. Im Zuge von Corona und dem größten Hilfspaket in der Geschichte Deutschlands und der EU, das eine massiven Ausweitung der Geldmenge einschließlich Monetisierung von Staatsschulden zur Folge hat, wird dank der öffentlichen Debatte vielen Anleger die Notwendigkeit noch klarer, wenigstens einen gewissen Teil des Gesamtvermögens in Sachwertanlagen wie Aktien oder Immobilien zu investieren.

Auf diese Wachstumschancen sollten die Institute ihre Geschäftsmodelle ausrichten: In einem ersten Schritt sollten Privatbanken ihr Engagement und ihre Beratungsleistungen nicht nur an wertpapier-affinen Bestandskunden ausrichten. Bei dieser Kundengruppe mündet die Beratungsleistung häufig lediglich in Umschichtungen, sprich einer Reallokation von Produkten und Anlagekonzepten ohne Erhöhung der Sachanlagenquote. Ein ungleich größeres Wachstums- und Ertragspotenzial bieten die bis dato noch nicht-wertpapieraffinen Kunden („Sparbuch-Kunden“). Mit cleveren Ansprache-Konzepte könnten Privatbanken neue Sachanlagen an diese Gruppe verkaufen –Zumal die Nettovermögen in Deutschland nach Erhebungen des DIW stetig ansteigen.

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Ein smarter Weg, derartige erfolgversprechende Ansprache-Konzepte mit Blick auf die Prozesskosten effizient und zugleich skalierbar auf eine große Kundenbasis ausrollen zu können, liegt in der Nutzung der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz. Dies verspricht den Häusern nicht nur organisches Wachstum dank steigender verwalteter Vermögen und höhere Erträge durch das Umschichten der Kundeneinlagen in provisionsreichere Anlageklassen. Darüber hinaus erhöht sich sogar die Profitabilität und operative Effizienz.