Unternehmensanleihen der Autobranche "Auf dem aktuellen Spread-Niveau sind Autoanleihen teuer"

Gerhard Wolf von der Landesbank Baden-Württemberg

Gerhard Wolf von der Landesbank Baden-Württemberg

Gerhard Wolf ist Leiter der Gruppe Corporates Research im Credit Research der Landesbank Baden-Württemberg, verantwortlich für den Sektor Automotives.

Anleger sehen sich schon seit geraumer Zeit zwei Welten ausgesetzt: zum einen teure Bundesanleihen, die als sicherer Hafen gelten, und zum anderen Peripherieanleihen, sowohl von Staaten als auch Unternehmen, die immer neue Rekordaufschläge zeigen. Gleiches gilt auch für die Automobilwelt. Sie ist zweigeteilt in Premium- versus Massenmarkt sowie global und europäisch ausgerichtete Hersteller.

Ein Beispiel: Während BMW im Januar 2012 für eine dreijährige Anleihe noch einen Kupon von 2,125 Prozent bezahlte, konnte dieser im Juli für eine vierjährige Anleihe auf 1,25 Prozent reduziert werden. Gleichzeitig verringerte sich der Risikoaufschlag bei beiden Anleihen. Das bedeutet: Anleger konnten trotz der niedrigen Zinsen noch Kursgewinne erzielen.

Ganz anders bei Fiat: Im März emittierte der italienische Autobauer, der inzwischen die Mehrheit an Chrysler hält, eine fünfjährige Anleihe mit einem Kupon in Höhe von 7 Prozent. Im Juli folgte der zweite Euro-Bond, allerdings mit kürzerer Laufzeit von gut vier Jahren, dafür einem erhöhten Zinskupon von jetzt 7,75 Prozent.

Diese Entwicklung zieht sich durch die gesamte Autobranche. Es gibt teure Top-Adressen und schwache High-Yield-Namen. Dazwischen gibt es relativ wenig.

Europa schwächelt

Auch was das regionale Wachstum angeht, gibt es große Unterschiede. Wir sehen Wachstum in Nordamerika, eine Erholung nach dem tiefen Einbruch 2009, und immer noch gutes Wachstum für westliche Autobauer in China. Gleichzeitig steigen dort die Risiken und Unsicherheit. Europa dagegen erlebt eine ausgeprägte Schwächephase.

In einer aktuellen Studie haben wir untersucht, was auf Europa noch alles zukommen könnte. Interessant ist dazu der Vergleich mit den USA. Dort dauerte die Krise vier Jahre und endete 2009 mit einem Absatzeinbruch um 40 Prozent. Dabei gingen der Gesamtfahrzeugbestand und die Fahrzeugdichte (die Anzahl der Autos pro Einwohner) zurück. Das Durchschnittsalter stieg deutlich an. Das ist auch der Grund für die deutliche Erholung, die nunmehr das dritte Jahr anhält.

In Europa erwarten wir 2012 das fünfte Jahr in Folge mit einem Absatzrückgang (-22 Prozent). Trotz derzeit katastrophaler Zahlen wachsen dagegen der Gesamtfahrzeugbestand und die Fahrzeugdichte weiter an. Auch das Durchschnittsalter der Fahrzeuge ist geringer, nicht zuletzt durch die Abwrackprämien 2009 und 2010.

Würde nun der Fahrzeugbestand stagnieren ohne zusätzliches Marktwachstum, käme wohl noch ein weiterer Absatzrückgang von eine Million Fahrzeugen hinzu. Noch härter wäre es, wenn sich das Durchschnittsalter gar erhöhen sollte und der Fahrzeuggesamtbestand schrumpfen würde.

Überkapazitäten belasten

Wie stellen sich die Unternehmen darauf ein? Hauptproblem ist die hohe Überkapazität. Außer Fiat und GM/Opel mit Antwerpen hat bislang kein Autohersteller in Westeuropa eine Fabrik geschlossen. Gleichzeitig wurden und werden neue Kapazitäten in Osteuropa aufgebaut.

Günstige und inzwischen auch designmäßig akzeptierte asiatische Fahrzeuge erobern die europäischen Käuferherzen und bringen zusätzlichen Absatzdruck. Eine Antwort müsste die konsequente Strukturanpassung in der Branche sein. Es ist aber ein Mittel, das gesellschaftlich und politisch bislang nicht akzeptiert wird, wie das Beispiel von Peugeot in Frankreich zeigt.

Im Wettbewerbsvorteil sind dagegen die Hersteller, die sich frühzeitig die Märkte in Nordamerika und China erschlossen haben. Dazu zählt auch der Aufbau einer weltweiten Produktion. Zum einen, um in den Märkten vor Ort präsent zu sein, zum anderen um der steigenden Zahl an Handelsbeschränkungen auszuweichen.

Bei den Finanzen gibt es ebenfalls Unterschiede. Deutsche Hersteller verschulden sich ausschließlich für die Absatzfinanzierung, während andere Hersteller im operativen Geschäft ihre Verluste finanzieren. Die hohe Kassenposition in Höhe der Fälligkeiten für ein Jahr ist eine Vorsichtsmaßnahme für den Fall, sollte der für die Unternehmen und ihre Finanzierung so wichtige Kapitalmarkt einmal verschlossen sein.

Sicherheit...

Für Investoren, die auf der Suche nach Qualitätsadressen sind und eine Alternative zu sicheren Bundesanleihen wollen, sind deutsche Autohersteller, allen voran BMW und VW, mit mittleren Laufzeiten weiterhin zu empfehlen. Sie bieten einen Aufschlag gegenüber Bundesanleihen.

Auch der nordamerikanische Lastwagenhersteller Paccar kann eine Alternative sein. In Europa bekannt unter der Marke DAF hat Paccar ein gutes Rating und stabile Finanzen. Der französische Reifenhersteller Michelin ist dank guter Marktstellung ein stabiler Wert. Momentan fließt viel Geld in neue Fabriken in den Wachstumsmärkten.

...oder Rendite?

Wer sich mit dem geringen Aufschlag gegenüber Bund jedoch nicht zufrieden geben will und etwas mehr Risiko eingehen möchte, für den können die Bonds der RCI Banque interessant sein. Hierbei handelt es sich um die Autobank von Renault.

Anleihen direkt von Renault sind im kurzfristigen Bereich unter Rendite-Risiko-Aspekten ebenfalls interessant, auch unter Berücksichtigung des hohen Beteiligungswertes von rund 18 Milliarden Euro an Nissan, Daimler und Volvo.

Die konjunkturelle Unsicherheit ist momentan groß. Auf dem jetzt erreichten Spread-Niveau sind Autoanleihen daher recht teuer. Andererseits sind gerade die guten Unternehmen auf eine solche zyklische Entwicklung gut vorbereitet.

Wer bereit ist, mehr Risiko zu tragen, kann bei Einzeltiteln durchaus interessante Möglichkeiten finden.

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