Arten des Risikomanagements, Teil 3 Die Grenzen der Risikostreuung

Paul Skiba vom Vermögensverwalter Berlin Portfolio Management: Der Leiter Risikomanagement erklärt, wo die Risikostreuung ihre Sweet Spots hat.

Paul Skiba vom Vermögensverwalter Berlin Portfolio Management: Der Leiter Risikomanagement erklärt, wo die Risikostreuung ihre Sweet Spots hat.

Wer Geld anlegt, ist gut beraten das Verlustrisiko durch Streuung möglichst gering zu halten. Selbst hartgesottene Bitcoin-Fans können mittlerweile ein breit aufgestelltes Portfolio zahlreicher digitaler Kryptowährungen vorweisen.

Bei der Anlage in weniger neumodische Werte wie Aktien oder Anleihen ist die Auswahl an Titeln jedoch ungemein größer und so stellt sich für den risikobewussten Investor und Portfoliomanager schnell die Frage nach Auswahlkriterien, um das eigene oder angetraute Portfolio wirksam zu diversifizieren.

Ein bisschen mehr als nur Faustregeln

Die meisten Diskussionen zu diesem Thema drehen sich dabei um die Themen Korrelation und die „ausreichende“ Anzahl an Titeln im Depot. Beide Aspekte sind wichtige Faktoren bei der Streuung von Risiken innerhalb eines Wertpapierportfolios. Bei der praktischen Umsetzung orientieren sich einige Anleger jedoch weiterhin an Faustregeln und irreführenden Vereinfachungen dieser Konzepte.

Die Korrelation von Wertpapieren beschreibt deren Tendenz sich gegen- oder miteinander im Wert zu verändern. Diese Messgröße bezieht sich schlussendlich auf die Volatilität. Aufgeklärte Anleger wissen bereits um die Einschränkungen der Volatilität bei der Messung sogenannter Tail-Risiken, also extremer Verluste, und entsprechende Schwächen weist auch die Korrelation aus.

Die Titelauswahl bei der Portfoliokonstruktion rein auf historischen Korrelationen zu fundieren, birgt daher die Gefahr Verlustrisiken außer Acht zu lassen. Hinzu kommt das ökonomische Verhältnis verschiedenster Anlagen, welches in den Korrelationsdaten nur unzureichend wiedergespiegelt wird. So sind Anleihen- und Aktienmärkte historisch zwar gering korreliert, gleichzeitig jedoch in ihrem Preistrend der letzten Jahre durch niedrig verzinstes Geld nach oben getrieben worden. Dies führte zu einer beidseitigen Zinssensitivität und damit einem gemeinsamen Risiko.

Das Problem mit dem richtigen Augenmaß

Wer sich nur ungerne auf historische Abhängigkeiten verlassen möchte, versucht dagegen oft „breit genug“ zu streuen, um Verlustrisiken einzudämmen. Doch wie viel ist genug? Auch hier tummeln sich magische Zahlen und Leitsätze. Benjamin Graham empfiehlt 10 bis 30 Aktien, Bill Gross investiert am liebsten 10 Prozent in jede gute Idee und Warren Buffet würde den Einsatz wahrscheinlich noch erhöhen.

Zugegebenermaßen haben die wenigsten Investoren die nötigen Kapazitäten ein Aktienportfolio mit hunderten von Titeln sachgerecht zu analysieren und zu verwalten. Dieser Umstand erklärt sicher einen Teil der Mittelzuflüsse extrem breit gestreuter Indexfonds.

Um Licht auf den Pfad zwischen Klumpenrisiko und Index-Klon zu werfen, betrachten wir anhand eines Beispiels die Auswirkungen der Erhöhung der Titelanzahl in einem europäischen Aktienportfolio auf Rendite und Risiko.

Grundlage ist das Universum des Stoxx Europe 600 Index, welches um den sogenannten „Survivorship Bias“ bereinigt wurde. Ohne diese Korrektur würde sich die Rückrechnung lediglich auf das aktuelle Universum und damit auf die Überlebenden der großen Finanzkrisen beschränken, was zwangsweise zu einer positiven Verzerrung führt. Das Testportfolio betrachten wir über einen Zeitraum von insgesamt zehn Jahren seit August 2007.

Nun konstruieren wir verschieden stark gestreute Portfolios. Angefangen bei nur zwei Titeln mit je 50 Prozent Depotanteil bis hin zu 200 gleichgewichteten Aktien. Die Aktienauswahl erfolgt zufällig und pro Portfoliogröße werden 1.000 verschiedene Titelkombinationen gerechnet. Die Ergebnisbandbreite dieser 1.000 Varianten liefert einen Eindruck der Stabilität eines breit gestreuten Portfolios, offenbart aber auch die Tücken größerer Marktverwerfungen und instabiler Korrelationen.