private banking magazin: Im Genossenschaftssektor hat es in jüngster Vergangenheit mehrere große Fusionen gegeben. Wie wirkt sich das auf das Geschäft der DZ Privatbank aus, wenn neue Institute mit großen Private-Banking-Einheiten entstehen?
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private banking magazin: Im Genossenschaftssektor hat es in jüngster Vergangenheit mehrere große Fusionen gegeben. Wie wirkt sich das auf das Geschäft der DZ Privatbank aus, wenn neue Institute mit großen Private-Banking-Einheiten entstehen?
Arasch Charifi: Ich möchte das anhand eines konkreten Beispiels beantworten. Mit der Fusion der Volksbank Darmstadt-Südhessen und der Mainzer Volksbank ist die drittgrößte Volksbank entstanden. Die gehen ihren kompletten Weg im Private Banking mit uns, nutzen unsere Abschlusstrecken unter anderem für unsere Swisness-Lösungen. Es gibt zwei Vermögensverwaltungslösungen, die regional vermarktet werden, die Volksbank Darmstadt-Mainz ist in die Allokation eingebunden, die Umsetzung erfolgt komplett bei uns.
Und abseits der Vermögensverwaltung? Angenommen, die Banken sagen, sie wollen Beratungsfelder wie das Generationen- oder Stiftungsmanagement selbst abbilden.
Charifi: Eine der wichtigsten Stärken der Genossenschaftlichen Finanzgruppe ist, dass der erste Ansprechpartner in der Fläche präsent ist und dort vor Ort auf den vorhandenen Kundenbedarf reagieren kann. Handelt es sich um einen speziellen Bedarf, kommen in der Regel wir als
DZ Privatbank ins Spiel. Beispiel: Eine Firmenübergabe steht an. Wir stellen für die Genossenschaftsbank das Kompetenzcenter dar, um zum Beispiel eine Familienverfassung zu formulieren oder unser Netzwerk aus Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern einzubringen.
Das heißt, eine fragmentierte genossenschaftliche Landschaft spielt Ihnen nicht in die Karten?
Charifi: Wir haben ein subsidiäres Prinzip im Genossenschaftsverbund. Heißt: Die Volksbanken Raiffeisenbanken sind rechtlich selbstständig und können sich ihre Partner aussuchen. Für uns war deshalb das Projekt Private Banking des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) von Vorteil, das wir als Kompetenzcenter Private Banking maßgeblich mitgestaltet haben. Private Banking wird darin jetzt als eigenes Geschäftsfeld definiert. Die Volksbanken orientieren sich in ihrer Geschäftsausrichtung an den BVR-Empfehlungen.
In dem BVR-Projekt wurden drei Kundengruppen unterschieden, je nach Komplexitätsgrad. Kommt die DZ Privatbank vor allem im Wealth Management zum Zug?
Charifi: Nein, wir kommen als Kompetenzcenter Private Banking bei allen Themen in diesem Geschäftsfeld zum Zuge. Zunächst bedienen wir im VR-Private-Banking den Bereich von 250.000 Euro bis 1 Million Euro als Produkt und Prozesslieferant – die Beratung erfolgt durch die Genossenschaftsbanken. Wir haben beispielsweise mit Swiss Gold Plus und World Gold Plus Vermögensverwaltungslösungen, die die Primärbanken vor Ort nutzen. Ab einer Million Euro wird der Beratungsaufwand in der Regel komplexer, sodass unsere Private-Banking- und Wealth-Management-Spezialisten dazukommen und die Beratungstiefe mit der notwendigen Dokumentation bei uns stattfindet.
Wenn die Bank einverstanden ist …
Charifi: Das ist sie mit Blick auf den gemeinsamen Antritt. Wir machen die Anamnese und strategische Asset Allocation des Kunden. In unserem Team sind mittlerweile etwa 100 Berater, die Vermögensverwaltungs-, Advisory oder Fremdwährungslösungen anbieten – je nach individueller Bedarfssituation des Kunden.
Nochmal zur Klarstellung: Die Berater der DZ Privatbank kommen erst bei Kunden ab einer Million Euro in Spiel?
Charifi: Grundsätzlich ja, es kann auch in Ausnahmefällen unter einer Million Euro sein. Das hängt von der Komplexität ab.
Welche Rollen spielen denn Vermögensverwaltung und Advisory jeweils im Neugeschäft?
Charifi: Das Advisory macht bis zu 40 Prozent aus und ist an Kunden adressiert, die einen Wertpapier-Beratungsbedarf haben und Wert auf den Austausch mit einem kompetenten Berater legen. Wir haben ein Team aus 25 Wertpapierspezialisten in Deutschland, Luxemburg und der Schweiz und dazu verfügen wir über ein professionelles Trading Desk für Privatkunden in Luxemburg, dass auch Optionen und Futures für Privatkunden abwickelt.
Ist Wertpapierberatung mit Blick auf die Altersstruktur der Kunden ein Auslaufmodell?
Charifi: Nein, das denke ich nicht, es gibt insbesondere bei Unternehmern, also unseren klassischen Private-Banking-Kunden, einen hohen Anteil, die neben einer professionellen Vermögensverwaltung auch selbst entscheiden wollen. Hierzu tauschen sich diese Kunden heute und morgen gerne mit Spezialisten aus, um dann zu entscheiden.
Und das trifft auch auf junge Unternehmer zu?
Charifi: Auch denen fehlt in der Regel die Zeit, sich eigenes Research zu leisten, um sich eine eigene Meinung bilden zu können. Unser Wertpapierspezialist berät auf Basis unserer umfangreichen Hausmeinung. Wem dieser Dialog mit dem Berater wichtig ist, der ist auch bereit, für die Beratung zu bezahlen. Insofern ist es weniger ein Alters-, sondern vorwiegend eine Vertrauens- und Zeitfrage. Deswegen ist die Wertpapierberatung aus meiner Sicht auch kein Auslaufmodell. Wir wachsen in der Vermögensverwaltung wie auch im Advisory.
Wie hoch ist das Durchschnittsdepot?
Charifi: In der Neuakquisition liegen wir im Durchschnitt bei mittlerweile mehr als 2,3 Millionen Euro pro Kunde in der Vermögensverwaltung und Wertpapierberatung.
Der Nettozufluss blieb 2023 mit 800 Millionen Euro merklich hinter dem Vorjahr zurück. Da waren es 1,4 Milliarden Euro. Worauf führen Sie das zurück?
Charifi: Wir wachsen mit den Genossenschaftsbanken bei den richtigen Kunden. Wir haben in den ersten vier Monaten dieses Jahres mit zirka einer halben Milliarde Euro deutlich höhere Absatzzahlen mit den Volksbanken Raiffeisenbanken und erwarten im Gesamtjahr 1,5 Milliarden Euro Nettozufluss.
Sie haben eingangs von ihren Swissness-Lösungen gesprochen. Es gibt gerade mehrere Banken, die aus dem Alpenraum nach Deutschland kommen und die betonen, deutsche Kunden wollen Rechtsräume diversifizieren. Spüren Sie auch eine stärkere Nachfrage?
Charifi: Ja, aber weniger, um den Rechtsraum zu diversifizieren, sondern insbesondere um eine Allokation außerhalb des Euroraums zu haben. Die Allokation von Swiss Gold Plus ist ein Drittel Schweizer Standardwerte, ein Drittel Immobilien und Rentenwerte und ein Drittel Gold. Das Ganze wird abgeschlossen über die Volksbanken und – denominiert in Schweizer Franken – bei der DZ Privatbank Schweiz verbucht.
Der Buchungsort ist aber zweitrangig …
Charifi: Auch der Buchungsort Schweiz ist ein Faktor. Kunden können sich den Goldbestand tatsächlich auch vor Ort physisch ausliefern lassen. Gerade das Thema physisches Gold in der Vermögensverwaltung ist in den letzten Jahren durch die geopolitischen Krisen getrieben. Wer hat schon eine Vermögensverwaltung mit Gold, die in der Schweiz verwahrt wird und man im Zweifel sogar anfassen kann?
Ist der Durchschnittskunde mit dem Großteil seines Vermögens bei der Volksbank und damit auch bei Ihnen oder hat er noch ein Depot bei einer Privat- oder Großbank?
Charifi: Mein Eindruck ist: Je flächiger wir werden, desto mehr ist das Vermögen an einer Stelle konzentriert.
Tickt ein genossenschaftlicher Kunde anders als einer, der bei einer Privatbank ist? Oder anders gefragt: Wenn jetzt Liechtensteiner Institute nach Deutschland kommen, eine UBS, oder J.P. Morgan mitmischt, müssen Sie sich weniger Gedanken machen?
Charifi: Ich glaube, der deutsche Markt wird von einigen Wettbewerbern falsch eingeschätzt. Deutschland ist ein föderaler Markt. Hier sitzen Weltmarktführer in der Fläche und fühlen sich dort wohl. Das sind internationale, hochprofessionelle Familienunternehmen. In vielen Fällen hat die Volksbank vor Ort diesen Unternehmen zu ihrer Größe verholfen: Sie hat die erste Finanzierung gemacht, hat das Risiko genommen. Sie war in Finanzkrisen da, als sich viele internationale Banken in ihre Heimatmärkte zurückzogen. Der genossenschaftliche Verbund insgesamt war da, und das vergessen insbesondere die Mittelständler nicht.
Das begründet eher die starke Position im Firmenkundengeschäft – den die Regionalbanken mit Blick auf den Marktanteil ja auch haben.
Charifi: Ja und das weiten wir jetzt gemeinsam mit den Genossenschaftsbanken auf das Geschäftsfeld Private Banking aus. Allein bei der DZ Privatbank haben wir bereits fast 25 Milliarden Euro Assets under Management im Wealth Management und Private Banking und sind damit eine der großen Anbieter in Deutschland. Diese Kompetenz transportieren wir gemeinsam mit den regionalen Volksbanken immer stärker in den Markt.
Das Schlagwort Kompetenzvermutung geistert seit Jahren durch die Branche.
Charifi: Deshalb stärken wir unsere Kunden- und Marktwahrnehmung mit den Volksbanken Raiffeisenbanken – unter anderem durch die Entscheidung des BVR, das Private Banking als eigenes Geschäftsfeld zu positionieren – weiter. Denn das Besondere in der Branche sind die genossenschaftlichen Werte in Verbindung mit der arbeitsteiligen Einbindung der DZ Privatbank als Kompetenzcenter für Private Banking im Verbund der genossenschaftlichen Finanzgruppe – mehr Kompetenzvermutung geht meiner Meinung nicht.
Das Gespräch führten Malte Dreher und Clemens Behr.
Über den Interviewten:
Arasch Charifi ist Vorstand der DZ Privatbank und Leiter des Private Wealth Managements. Zum 1. Januar 2021 trat er als Generalbevollmächtigter für das Private Banking in die DZ Privatbank ein und übernahm knapp ein Jahr später zusätzlich die Verantwortung für das Luxcredit-Geschäft. Charifi begann seiner Karriere bei der Dresdner Bank, war im Wealth Management der UBS und ab 2013 der Deutschen Bank tätig.