Apple-Vorstoß beim digitalen Nachlass Kryptowährungen und NFTs: Digitale Assets richtig vererben

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Apples „Digitales Nachlassmanagement“

Apple wäre nicht Apple, wenn das Unternehmen den Nutzern nicht als einer der ersten Unternehmen eine Lösung für dieses Problem anbietet. Apple Nutzer können zu Lebzeiten einen „Nachlasskontakt“ zu ihrem Apple-Konto hinzufügen. Die als Nachlasskontakt ausgewählte Person erhält einen Zugriffsschlüssel und kann nach dem Tod des Nutzers unter Vorlage der Sterbeurkunde bei Apple den Zugriff auf den Cloudspeicher kurzfristig und ohne Vorlage eines Erbscheins erlangen.

Doch diese von Apple gut gemeinte Vereinfachungsmöglichkeit kann im Fall von digitalen Assets weitreichende negative Folgen für den Erben haben. Ist die als Nachlasskontakt bestimmte und bei Apple hinterlegte Person nicht der Erbe, beispielsweise weil der Erblasser sein Testament zwischenzeitlich geändert hat, fallen tatsächliche Zugriffsmöglichkeit und rechtliche Eigentümerstellung hinsichtlich der digitalen Assets auseinander. Apple wird nach Vorlage eines Todesnachweises dem Nachlasskontakt Zugriff auf den Cloudspeicher bei Apple gewähren, sodass der Nachlasskontakt, ohne Erbe zu sein, alleinigen Zugriff auf dort gespeicherten digitalen Assets und die dazu notwendigen Passwörter hat.

Der Erbe wird erst nach Durchlaufen des zeitintensiven Erbscheinverfahrens zwar auch den Zugriff auf den Cloudspeicher bei Apple erlangen und kann dann den Zugriff des Nachlasskontakts sperren. Dies wird dem Erben aber bezüglich der digitalen Assets in der Regel rein praktisch nur noch wenig nützen, da der Nachlasskontakt in der Zwischenzeit alle Möglichkeiten hatte, die digitalen Assets zur Seite zu schaffen und auf sich selbst zu übertragen.

Dabei spielen zu Lasten des Erben die oben dargestellten technischen Besonderheiten der digitalen Assets eine entscheidende Rolle. Da diese wie NFTs oder Kryptowährungen ausschließlich über die Blockchain anonymisiert verwaltet werden, reicht die Zugriffsmöglichkeit auf die Private Keys und Passwörter aus, um über die digitalen Assets anonymisiert zu verfügen. Eine Legitimationsprüfung des Verfügenden, etwa durch Vorlage des Erbscheins, erfolgt bei der Übertragung dieser Assets mangels zentraler Verwaltungsstelle wie einer Bank nicht.

Zivilrechtliche Ansprüche des Erben gegen den zu Unrecht verfügenden Nachlasskontakt sind zwar gegeben, aber bei digitalen Assets faktisch kaum durchsetzbar, da Transaktionen in der anonymisierten Blockchain nicht wie bei der unberechtigten Überweisung auf ein Bankkonto nachvollzogen werden können. An dieser Stelle ist noch festzuhalten, dass sich die gerade erläuterte Problematik der unumkehrbaren unberechtigten Verfügungen nicht nur in Erbfällen, sondern auch bei der sonstigen unbefugten Zugriffserlangung auf den Speicherort von Private Keys und Passwörter stellt.

Praxisempfehlungen für Nachlassregelungen von NFTs und Kryptowährungen

Was kann der Inhaber von NFTs oder Kryptowährungen im Hinblick auf seine Nachlassregelungen tun, um die dargestellten Probleme zu vermeiden? Zunächst besteht die Möglichkeit, auf die Nutzung von Apples digitalem Nachlassmanagement zu verzichten und wenn man es doch nutzt, sollte der Nutzer unbedingt darauf achten, dass der nach dem Erbrecht Verfügungsberechtigte, beispielsweise der Erbe oder Testamentsvollstrecker, und der bei Apple hinterlegte Nachlasskontakt jederzeit übereinstimmen. Bei Änderungen von letztwilligen Verfügungen sollte man unbedingt an die Überprüfung des Nachlasskontakts bei Apple denken.

Darüber hinaus sollte in einer letztwilligen Verfügung wie einem Testament eindeutig geregelt werden, wer die digitalen Assets erhält. Ferner sollte man dort genau beschreiben, wo und wie man die digitalen Assets verwahrt und wie die Begünstigten darauf Zugriff erlangen können. Die Passwörter sollte man niemals direkt in einer letztwilligen Verfügung niederlegen, da das Nachlassgericht diese mehreren Personen eröffnen kann.

Eine nach wie vor sichere Lösung ist die „altmodische“ Verwahrung der Private Keys und Passwörter in einem Notizbuch in einem Bankschließfach. Denn die Bank öffnet das Schließfach nach dem Tod des Erblassers nur gegen Vorlage eines entsprechenden Erbennachweises wie eines Erbscheins.


Über die Autoren:

Sven Oberle leitet die Steuer-Praxisgruppe Private Client Services der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Sein Team berät Familienunternehmen, vermögende Privatpersonen und Family Offices in Steuerangelegenheiten.

Sven Wanka ist Rechtsanwalt und Steuerberater im Bereich Private Client Services bei EY. Er berät Familienunternehmen, vermögende Privatpersonen und Family Offices in deutschen und internationalen Angelegenheiten. Vor seinem Wechsel zu EY war er 4 Jahre bei Flick Gocke Schaumburg in Frankfurt tätig.

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