In 6 Schritten Eine kurze Anleitung zur Gründung eines Family Office

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Schritt 4: Entscheidung zwischen Make or Buy

Hat man identifiziert, welche Leistungen die Familie erwartet, ist als Nächstes zu entscheiden, welche der Leistungen inhouse erbracht und welche zugekauft werden sollen. Hier können Aspekte wie zum Beispiel Vertraulichkeit, Aufbau eines spezifischen Familien-Know-hows, Unabhängigkeit, emotionale Bindung, Transparenz, Individualität und Flexibilität der Leistungsinhalte für eine Leistungserbringung durch ein eigenes Family Office sprechen. Andererseits streiten Gesichtspunkte wie Professionalität, Aktualität (von Technologie und Expertise), Regulatorik, Haftung und Kostenflexibilität möglicherweise für den externen Zukauf von Leistungen. Die Herausforderung liegt darin, die für die individuellen Bedürfnisse der Familie passende Mischung zu finden.

Dabei bedarf auch die Frage, wo man zukauft, sorgfältiger Überlegung: Für ein Multi Family Office können dessen spezifisches Kompetenzbündel und die Möglichkeit sprechen, unterschiedliche Leistungen aus einer Hand beziehen zu können. Darin liegt aber auch die Gefahr, dass ein solcher Allrounder nicht überall die beste Qualität bietet. Dem kann man begegnen, indem man für jede Leistung den besten Spezialisten sucht – nach „Best in class“-Ansatz. Damit wird man aber nur bei genauer Kenntnis der zu beauftragenden Leistungen und der Angebote des Markts bessere Ergebnisse erzielen. 

Schritt 5: Gestaltungsform des Family Office klären

Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist, dass mit der Anzahl der Spezialisten auch der Aufwand für ihre Überwachung und Koordination steigt. Darin liegt eine wesentliche Aufgabe eines Family Office. Je mehr Leistungen ausgelagert sind, desto wichtiger wird sie. Im Extremfall erbringt das Family Office gar keine Leistungen selbst, sondern beschränkt sich ausschließlich auf die Koordination von Fremdleistungen. Ist die Person, die dafür benötigt wird, nicht einmal in einer Gesellschaft der Familie angestellt, spricht man von einem virtuellen Family Office. Dieses verschafft maximale Flexibilität bei minimalen internen Kosten.

Liegt zwar ein Schwerpunkt auf dem Fremdbezug von Leistungen, werden die Koordinations- und einige weitere Leistungen aber intern von eigenen angestellten Mitarbeitern erbracht, ist das Family Office hybrid. Auch hier lassen sich die Strukturen schlank gestalten. Es ist also nicht immer ein vielköpfiges Single Family Office mit entsprechenden Kosten erforderlich, wenn man als vermögende Familie über eine Professionalisierung der Verwaltung des eigenen Vermögens nachdenkt.

 

Insofern geht auch die oft gestellte Frage nach der erforderlichen Mindestgröße des Vermögens für solche Überlegungen fehl. Die Sinnhaftigkeit eines eigenen Family Office hängt nicht von der Vermögensgröße, sondern vom spezifischen Mix aus Leistungsvielfalt und Grad der Delegation ab. Der einem (Single) Family Office oft nachgesagten hohen Kostenbelastung und Inflexibiltität kann man mit den oben genannten hybriden oder virtuellen Strukturen entgegenwirken. 

Schritt 6: Personalsuche nach Aufgabenprofil vorantreiben

Soweit nach diesen Überlegungen Family-Office-Personal benötigt wird, sollten in einem letzten Schritt dessen Tätigkeitsfelder so definiert werden, dass sich daraus Stellenprofile ableiten lassen. Das gelingt umso besser, je genauer die Vorstellungen über die zu erbringenden Leistungen und die in einem Family Office erforderlichen Prozesse sind. Hier ist es nützlich zu wissen, wie zum Beispiel eine erbschaftsteuerliche Vorschenkungskontrolle und ein Lohnsummenmonitoring oder ein geeignetes Dokumentenmanagement für die Gesellschafter aussehen sollten. Gleiches gilt hinsichtlich der regulatorischen Anforderungen, zu denen hier beispielhaft nur die Stichworte Erlaubnispflicht, Meldewesen und Geldwäsche genannt sein sollen.

Fazit

Insgesamt ist der Prozess zum Aufbau eines passgenauen Family Offices oder entsprechender alternativer Strukturen mehrstufig und ziemlich komplex. Dabei empfiehlt es sich, auch den Prozess als solchen strukturiert und basiert auf Erfahrungswissen zu durchlaufen. Unklarheiten bei der Aufgabendefinition ziehen Fehler bei der Auswahl des Personals oder der Dienstleister nach sich. Diese können nicht nur zu Vermögensverlusten, sondern auch zu Friktionen innerhalb der Familie und gar zu Verstößen gegen rechtliche Vorschriften führen. Das ist Lehrgeld, das sich vermeiden lässt.


Über den Gastautor:
Dr. Henning Schröer hat für die Familie Merz in Frankfurt ein Family Office aufgebaut und über 10 Jahre geleitet. Mit Fidubonum berät er vermögende Familien in Strategie- und Strukturfragen, wozu auch die Beratung beim Aufbau eines Family Office gehört.

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