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Anleihen Festzinsanlagen in Schwellenländern am Wendepunkt

Straßenszene in der Altstadt von Hanoi: Die Kreditqualität von Schwellenländer-Anleihen hat sich im Laufe der Jahre erhöht; auch Vietnam dürfte relativ unbeschadet durch die Krise kommen.

Straßenszene in der Altstadt von Hanoi: Die Kreditqualität von Schwellenländer-Anleihen hat sich im Laufe der Jahre erhöht; auch Vietnam dürfte relativ unbeschadet durch die Krise kommen. Foto: imago images / Cavan Images

Schwellenländer-Anleihen haben im Frühjahr eine sehr schwierige Phase durchlebt: Die Nachfrage-, Angebots- und Ölschocks, die die Weltwirtschaft und die Kapitalmärkte trafen, zogen auch die Schwellenländer-Schuldtitel durch extreme Kapitalabflüsse in Mitleidenschaft, nicht zuletzt ausgelöst durch wahllose Verkäufe von börsengehandelten Fonds (ETFs).

Doch ab März hat die Rally der Schwellenländer-Festverzinslichen an Fahrt gewonnen. Treiber waren makroökonomische Faktoren im Verbund mit der immensen Liquiditätsversorgung durch die US-Notenbank (Fed). Die leichte Erholung der Ölpreise auf das gegenwärtige Niveau von 40 US-Dollar hat der Rally ebenfalls Schwung verliehen.

Nichtsdestotrotz hatte das Fehlen von Liquidität zu Beginn der Corona-Krise zu einer erheblichen Volatilität bei einzelnen Anleihen geführt. Daher zahlt sich jetzt ein genauer Blick aus, um zu günstigen Einstiegspreisen in Anleihen zu investieren.

Schwellenländer haben aus Erfahrungen gelernt

Nicht nur die Entscheidung der US-Notenbank, US-Anleihen mit Investment-Grade-Rating zu kaufen sowie die Notfinanzierung des Internationalen Währungsfonds für einzelne Länder und Zentralbanken bewirkten einen Trickle-Down-Effekt in den Schwellenländern. Auch innerhalb der Schwellenländer selbst leisten Regierungen und Zentralbanken erhebliche antizyklische Unterstützung. Die Länder haben aus der Vergangenheit gelernt: Mehrere über viele Jahrzehnte aufeinanderfolgende Krisen haben zu einem verbesserten Management der öffentlichen Verschuldung geführt. So zeigt sich eine Verbesserung der Kreditqualität sowie der Regierungsführung in den aufstrebenden Märkten – womit sich deren Widerstandsfähigkeit gegen Schocks erhöht.

Doch trotz der allgemeinen Verbesserung der Handelsbedingungen hat der Markt auch Schattenseiten; einzelne Länder sind von Illiquidität und einem erhöhten Ausfallrisiko geprägt.

Daher sind Investment-Grade-Emittenten bei Staats- und Unternehmensanleihen vorerst weiterhin erste Wahl. Zuletzt sahen wir einige starke Emissionen von B- und BB-Staatsanleihen. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend im weiteren Verlauf des Jahres 2020 vor dem Hintergrund makrogetriebener Faktoren, befeuert von durchdachter Regierungspolitik und der verbesserten konjunkturellen Entwicklung der Weltwirtschaft verstärken wird.

Seit Jahresbeginn haben Unternehmensanleihen aus Schwellenländern insgesamt rund 60 Prozent ihrer Spreads gegenüber US-Treasuries zurückgewonnen; auf Total Return-Basis haben sie aber bereits den Break Even erreicht, zeigt der entsprechende Schwellenländer-Marktindex der Bank of America vom Juni 2020.  

Bislang ist nur eine Handvoll von Unternehmen in Schwellenländern zahlungsunfähig geworden. Wir gehen davon aus, dass die Ausfallrate im weiteren Verlauf des Jahres wahrscheinlich auf hohe einstellige Werte ansteigen wird, nachdem die von der Covid-19-Krise besonders betroffenen Branchen wie Einzelhandel und Transport weiterhin unter Druck stehen.

In der Vergangenheit waren Unternehmen in Schwellenländern jedoch nicht anfälliger für Zahlungsausfälle als Unternehmen in den Industrieländern, sodass wir derzeit keinen Grund sehen, warum hier eine Änderung eintreten sollte. Es darf auch nicht vergessen werden, dass Hochzinsanleihen nach Angaben der Bank of America nur etwa ein Drittel des Universums der Unternehmensanleihen aus Schwellenländern ausmachen – ein weitaus geringerer Anteil, als viele Marktteilnehmer annehmen. Daraus dürfte resultieren, dass die Ausfallrate für die gesamte Anlageklasse unserer Ansicht nach wahrscheinlich im niedrigen einstelligen Prozentbereich bleiben wird.

Zweifellos werden die Unternehmen im weiteren Jahresverlauf bei ihrer Refinanzierung vor Herausforderungen stehen. Dennoch beliefen sich ihre Emissionen laut J.P. Morgan und Bloomberg seit Jahresbeginn auf 237 Milliarden US-Dollar, ein Wert, der nur knapp hinter den Vergleichszahlen aus dem Jahr 2019 liegt. Wir sehen daher positive Anzeichen dafür, dass viele Unternehmen über die Unterstützung aus staatlichen Konjunkturpaketen hinaus auch weiterhin in der Lage sein werden sich zu refinanzieren, ihre Liquiditätsposition zu verbessern und Kreditlinien in Anspruch zu nehmen.

Nach rascher Erholung kurzfristig mehr Volatilität zu erwarten

Auf kurze Sicht haben sich einige Anleihen an bestimmten Märkten wohl zu stark und zu schnell erholt. Aus fundamentaler Sicht besteht nun die Aussicht auf eine Konsolidierungsphase, bis die Zahlen der Bruttoinlandsprodukte für das zweite Quartal für klare Sicht sorgen. Daher erwarten wir kurzfristig mehr Volatilität, wahrscheinlich aber weniger als im ersten Quartal.

Alles deutet darauf hin, dass die Zinssätze in den entwickelten Märkten auf längere Sicht auf sehr niedrigem Niveau verharren. Schwellenländer mit attraktiven Spreads dürften daher gefragt bleiben. Nicht zuletzt, weil die Anlageklasse für viele Anleger weiterhin eine willkommene Diversifizierung bietet.

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