Urteil des Bundesgerichtshofs zu Schiffsfonds Anleger müssen Ausschüttungen nicht unbedingt zurückzahlen

HG Pinkernell

HG Pinkernell

Initiatoren geschlossener Schiffsfonds sind verunsichert. Ihre Anleger sind es erst recht. Die anhaltende Krise in der Schifffahrt hat dazu geführt, dass sich etliche Fonds in schweren wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden. Um ihre Schiffe vor einer drohenden Pleite zu retten, haben einige Fondsgesellschaften in den vergangenen Monaten drastische Maßnahmen ergriffen. Sie forderten die Anleger auf, bereits erhaltene Ausschüttungen wieder zurückzuzahlen.

Am 12. März hat der BGH nun entschieden, dass die Fondsgesellschaft gewinnunabhängige Ausschüttungen an die Kommanditisten eines als GmbH & Co KG organisierten Schiffsfonds zwar grundsätzlich zurückfordern kann. Dies muss jedoch im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich auch vorgesehen sein (Az.: II ZR 73/11 und II ZR 74/11 vom 12. März 2013).

Jährlich sollten zwischen 7 und 10 Prozent aufs Konto fließen

In den beiden zugrundeliegenden Fällen hatte sich ein Anleger an zwei Schiffsfonds des Dortmunder Emissionshauses Dr. Peters beteiligt. In den Gesellschaftsverträgen war geregelt, dass die Gesellschafter nach einiger Zeit je nach Liquidität, aber unabhängig vom ausgewiesenen Gewinn oder Verlust im Jahresabschluss, jährlich zwischen 7 und 10 Prozent auf ihr investiertes Kapital zurückerhalten sollten.

Für seine beiden Beteiligungen erhielt der Anleger 61.355,03 Euro und 30.667,51 Euro als gewinnunabhängige Ausschüttungen. Nachdem jedoch der Fonds in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, forderten die Initiatoren diese Summen zurück. Das verweigerte der Anleger. Daraufhin zog die Gesellschaft vor Gericht – zunächst mit Erfolg.

Ausschüttung sollte als Darlehen qualifiziert werden

Die Richter der Vorinstanzen, des Landgerichts Dortmund (Az.: 18 O 162/09 und 18 O 163/09) sowie des Oberlandesgerichts Hamm (Az.: I-U 132/10 und I-8 U 133/10), stützen ihre Argumentation darauf, dass die gewinnunabhängigen Ausschüttungen auf ein sogenanntes Darlehenskonto gebucht worden seien.

Außerdem stand im Gesellschaftsvertrag, dass für einen Gesellschafter, der auf diese Entnahmen verzichtete, „insoweit die Bildung der Darlehensverbindlichkeit“ entfallen sollte. Daraus folgerten die Richter, dass der Anleger hätte erkennen können, dass die Gesellschaft ihm die Ausschüttungen nur als Darlehen gewährt hatte und sie die Zahlungen auch zurückverlangen durfte.

BGH teilt Auffassung der Vorinstanzen nicht

Diese Auffassung teilten nun die Richter des zuständigen II. Zivilsenats des BGH nicht: Beträge, die unabhängig vom Gewinn ausgeschüttet werden, können nur zurückgefordert werden, wenn dies ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde.

„Soweit in den Ausschüttungen eine Rückzahlung der Kommanditeinlage zu sehen ist und damit die Einlage insoweit gemäß Paragraf 172 Absatz 4 Handelsgesetzbuch (HGB) den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet gilt, betrifft dies nur die Außenhaftung des Kommanditisten“, heißt es in der Pressemitteilung zu der noch nicht veröffentlichten Entscheidung.

Im Innenverhältnis zur Gesellschaft seien die Gesellschaften dagegen frei, ob und mit welchen Rechtsfolgen sie die Einlagen zurück gewähren, so die BGH-Richter.

Erleichterung nur vorübergehend

Betroffene Schiffsfonds-Investoren werden sich über dieses Urteil allerdings nur eingeschränkt freuen können. Das Urteil bezieht sich auf zwei Fonds der Dr.-Peters-Gruppe. Inwieweit auch Anleger anderer Beteiligungsgesellschaften davon profitieren können, hängt von den Regelungen des jeweiligen Gesellschaftsvertrages ab. Erst wenn auch die Entscheidungsgründe des Urteils veröffentlicht sind, kann gegebenenfalls abgeschätzt werden, welche Formulierungen ein Gesellschaftsvertrag enthalten muss, damit Ausschüttungen zurückgefordert werden können.

Weitaus gravierender ist für die Anleger ein anderes Problem: Viele Schiffsfonds drohen überschuldet oder illiquide zu sein. Können die Ausschüttungen nicht, wie von vielen Schiffsfonds bisher angenommen, aus einer vertraglichen Regelung zurückverlangt werden, droht den Schiffen die Insolvenz. Spätestens dann jedoch müssen die Anleger diese Gelder auch ohne vertragliche Regelung zurückzahlen.

Im Rahmen einer Insolvenz muss der Insolvenzverwalter Auszahlungen, die nicht durch entsprechende Gewinne gedeckt waren, zurückfordern. Bestimmte Regelungen im Gesellschaftsvertrag benötigt er dafür nicht, vielmehr ist er schon aufgrund der gesetzlichen Regelung des Paragraf 172 HGB dazu berechtigt.

Stellt sich der Anleger besser?

Fraglich ist daher auch, ob ein Anleger, der bereits der Rückforderung Folge geleistet hat, nun seine Wiedereinzahlung zurückverlangen kann. Der BGH hat sich hierzu in seinem Urteil nach bisheriger Kenntnis nicht geäußert. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Urteilsbegründung hierauf eingeht.

Letztlich stellt sich dementsprechend die Frage, ob sich der Anleger durch Verweigerung oder die Rückforderung einer Wiedereinzahlung tatsächlich dauerhaft wirtschaftlich besser stellt. Häufig wird der Anleger hierdurch die letzte Chance, zumindest einen Teil seiner ursprünglichen Investition für den Fall einer Verbesserung der Schifffahrtsmärkte zu sichern, vergeben.

Bei einer Insolvenz muss der Anleger das Geld zurückzahlen

Spätestens im Falle der Insolvenz des Fonds ist der Anleger, wie dargestellt, ohnehin zur Rückzahlung verpflichtet, zumeist ist seine Investition dann jedoch auch unwiederbringlich verloren. Er sollte daher genau abwägen, ob er eine Rückzahlung freiwillig leistet.

Dies ist allerdings nur dann zu empfehlen, wenn die Fondsgesellschaft eindeutig und klar nachvollziehbar dargelegt hat, dass anderenfalls die Insolvenz des Fonds droht, eine Sanierung mit den Rückzahlungen möglich ist und wie die Gelder verwendet werden. Leider fehlte es in der Vergangenheit häufig an einer solchen Darlegung.

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