Unterbewertet Anleger investieren nicht in Immobilienaktien

Tobias Schmidt, Sprecher des Vorstandes der Feri Eurorating Services

Tobias Schmidt, Sprecher des Vorstandes der Feri Eurorating Services

Fragt man institutionelle Investoren in Deutschland nach ihrer Asset Allocation im Immobilienbereich, so besteht ein Großteil nach wie vor in Direktanlagen, darüber hinaus wird auch zunehmend in Spezialfonds investiert. Dagegen bestehen gerade einmal 0,3 Prozent der Anlagen in börsennotierten Immobilienaktiengesellschaften.

Auch wenn man nach der geplanten Erhöhung von Immobilienanlagen bis zum Jahre 2015 fragt, ergibt sich ein ähnliches Bild. Während 28 Prozent der institutionellen Investoren erklären, dass sie ihre Investments in Spezialfonds ausbauen wollen, geben gerade einmal zwei Prozent an, sie wollen verstärkt in börsennotierte Immobiliengesellschaften investieren.

Versicherungen und andere Institutionelle müssen diese Zurückhaltung überdenken. Immobilienaktiengesellschaften halten in Deutschland heute ein Immobilienvermögen von etwa 68 Milliarden Euro, drei Viertel davon sind in Wohnimmobilien investiert. Doch 95 Prozent der Investoren börsennotierter Immobilienaktiengesellschaften sind Ausländer.

Dies erstaunt umso mehr, als sich Wohnimmobilien seit Jahren steigender Beliebtheit bei deutschen institutionellen Investoren erfreuen. Das war nicht immer so. Zum Anfang des Jahrhunderts standen viele Versicherungen und andere institutionelle Investoren auf der Verkäuferseite und trennten sich von ihren Wohnungsbeständen.

Ein Argument waren damals die im Vergleich zu Gewerbeimmobilien hohen Verwaltungskosten. Große Immobilienaktiengesellschaften profitieren beim Propertymanagement von Skaleneffekten und können Wohnungsbestände oft effektiver managen als eine Versicherung, die Wohnungen im Eigenbestand hält.

Wenn deutsche institutionelle Investoren ihr Engagement im Wohnungssegment ausbauen wollen, dann wird die Beteiligung an den großen, im MDax notierten Immobilienaktiengesellschaften eine naheliegende Umsetzungsalternative. Dass dies nicht geschieht, liegt offenbar lediglich an der „Verpackung“ dieser Wohnungsbestände in Aktiengesellschaften.

Die für Immobilieninvestments zuständigen Personen bei Versicherungen und Versorgungswerken fühlen sich hier auf fremdem Terrain – „zuständig“ ist der für Aktieninvestments verantwortliche Kollege.

Dieser weiß jedoch mit Immobilienaktien nicht viel anzufangen, weil es sich ja „eigentlich“ um Immobilien handelt. So wird die Zwitterstellung der Immobilienaktie zwischen Immobilien- und Aktienanlage zum Nachteil.

Institutionelle scheuen die Aktie vor allem wegen der höheren Volatilität im Vergleich zu Direktanlagen oder Spezialfonds. Schwankt aber der Wert eines Wohnungsportfolios nur deshalb stärker, weil er in einer Aktie und nicht in einem Fonds verpackt ist? Ganz offensichtlich nicht.

Der Net Asset Value wird ja nicht durch das Auf und Ab der Börse beeinflusst, sondern lediglich der Aktienkurs. Man sieht die Wertschwankungen, die es bei jeder Immobilie gibt, nur besser als bei Direktanlagen oder Fonds, die nur jährlich bewertet werden.

Natürlich gibt es auch Kursschwankungen einer Immobilienaktie, die nichts mit Wertveränderungen des zugrundeliegenden Immobilienportfolios zu tun haben, sondern auf externe Einflüsse des Kapitalmarktes zurückgehen. In einer Aktienbaisse leiden auch die Kurse von Immobilienaktien.

Dafür ist es jedoch möglich, sich – anders als bei Direktanlagen oder Spezialfonds – auch rasch wieder von seinen Aktienpositionen zu trennen. Und für langfristig orientierte Immobilienanleger sollten kurzfristige Kursschwankungen kein Grund sein, diese Anlageform zu meiden.

Viele Immobilienaktien haben noch eine zu geringe Marktkapitalisierung oder einen zu geringen Streubesitz und kommen deshalb für größere institutionelle Aktieninvestoren derzeit nicht in Frage.

Wenn sich der Konzentrationsprozess bei den Immobilienaktiengesellschaften fortsetzt, wofür aus heutiger Sicht einiges spricht, kann sich das ändern. Spätestens dann werden Immobilienaktien auch für deutsche institutionelle Anlegern attraktiv sein.

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