Anlagepolitik des Atomfonds Der norwegische Staatsfonds als Vorbild

Christoph Vogt von Format Asset Management: Der norwegische Staatsfonds sollte als Blaupause für den jüngst gegründeten Atomfonds dienen.

Christoph Vogt von Format Asset Management: Der norwegische Staatsfonds sollte als Blaupause für den jüngst gegründeten Atomfonds dienen. Foto: Format Asset Management

Volatilität ist ein notwendiges Übel, aber keine Bedrohung für die Investitionsziele des Atomfonds. Solange die etablierten Kapitalmärkte durch die Zinsmanipulation der Zentralbanken verzerrt bleiben, sollte Aktienanlagen ein klares Übergewicht eingeräumt werden. Insofern können wir unser Lehrbuchwissen aus der Zeit der 70-zu-30-Regel – 70 Prozent vermeintlich sichere Anleihen und 30 Prozent volatile Aktien – vergessen und ins Gegenteil umkehren.  

Klassisches, fristenkongruentes Management der Geldanlagen mit den Zahlungsverpflichtungen, dem Asset Liability Management, dürfte der falsche Ansatz zum Management des Entsorgungsfonds, dem sogenannten Atomfonds, sein. Eine Auszahlung in zehn Jahren kann man nicht mit dem Erwerb einer 10-jährigen Bundesanleihe absichern. Der eingekaufte Kursverlust steht in keinem Verhältnis zur Rendite dieser Anlage.

Volatilität in anderen Größendimensionen

Der bereits heute durch die Einzahlungen der Energieversorger vorhandene Grundstock hat mit über 24 Milliarden Euro ein sehr auskömmliches Volumen, um die laufenden Zahlungsverpflichtungen über viele Jahre decken zu können. Selbst bei einer Nullverzinsung über zehn Jahre würde bei einer unterstellten jährlichen Auszahlung von bis zu 400 Millionen Euro noch ein Betrag von rund 20 Milliarden Euro zur Verfügung stehen.

Dieser Zustand könnte eintreten, wenn aufgrund einer globalen Rezessionsphase die Aktienkurse global einen Rückwärtsgang einlegen und etwaige realisierte Kursverluste nicht durch Dividendenzahlungen und andere laufende Erträge gedeckt sind. Und sollten tatsächlich nach zehn Jahren nur 17 Milliarden Euro in den Büchern stehen, dann ist das ein notwendiges Übel – es nennt sich Volatilität. Dem langfristigen Ziel von knapp 3 Prozent realer Rendite pro Jahr steht es sicherlich nicht entgegen.

Langfristig, Bottom-up und ohne Benchmark

Für langfristige Investitionen halte ich die Schule von Benjamin Graham und das klassische Value Investing für den richtigen Ansatz. Nach diesem Ansatz sollte ein Großteil der Mittel global angelegt werden. Die Sicherheitsmarge wird Garant sein, langfristig positive Erträge zu erzielen.

Weitere Investmentansätze können um diesen Investmentstil herum aufgebaut werden – in Abhängigkeit von Markttrends. Darunter fallen Investitionen in globale Themen wie zum Beispiel Wasser, die Nahrungsmittel- oder Agrarindustrie, Infrastruktur, Roboter oder Konsumgüter, Small-, Mid- und Micro-Caps oder familiendominierte Unternehmen.

Keinesfalls sollte der Fehler begangen werden, kapitalgewichtete Investitionen gemäß entsprechender Indizes vorzunehmen. Dann würde – so wie bei passiven ETFs – eine Fehlallokation in überbewertete Unternehmen erfolgen.

Das Fondsmanagement in Deutschland hat die schwierige Aufgabe, die besten lokalen Berater zu identifizieren. Hierbei spannt sich der Bogen von den etablierten westlichen Märkten über osteuropäische Länder bis nach Asien und Afrika. Den Verantwortlichen sollten den Mut haben, die Fondsmittel nicht nur nach Bruttoinlandsprodukt, sondern auch nach Bevölkerungszahl und vor allem deren Veränderungsrate zu allokieren. So werden Schwellenländer aufgrund ihrer Bevölkerungsentwicklung ein hohes organisches Wachstum aufweisen.

*in einem Nullzinsumfeld mit manipulierten Anleihepreisen

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EXKURS: Privilegierter Atomfonds

In meinem vorherigen Beitrag regte ich an, dem Entsorgungsfonds aufgrund seiner Sonderstellung und Bedeutung für Deutschland einen eigenen Rechtsrahmen zu verschaffen. Darin könnte beispielsweise geregelt werden, dass das Fondsmanagement Zugang zu besonders detaillierten Analysen erhält. Warum sollten Länderanalysen des Bundesnachrichtendienstes (BND) nicht auch in Anlageentscheidungen einfließen können?

Um Missverständnissen vorzubeugen: Hiermit meine ich nicht das Erlangen von Insider-Informationen, sondern sehr gutes politisches und regionales Research, das den meisten ausländischen Investoren in der Regel schon aus Kapazitätsgründen nicht möglich ist. Der BND nennt die Analyse öffentlicher Quellen „Open Source Intelligence“, kurz OSINT. Als Vorbild könnte das bekanntere „The World Factbook“ des amerikanischen Geheimdienstes CIA dienen.   

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