Angespannter Immobilienmarkt Wie es mittelfristig mit Frankfurt weitergehen kann

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Die Stadt tut was

Festzustellen ist, dass die Stadt seit geraumer Zeit mit der Ausweisung neuer Baugebiete und einer stärkeren Nachverdichtung versucht, das Angebot an Wohnungen zu vergrößern und somit auch die Preise auf dem Immobilienmarkt nicht aus dem Ruder laufen zu lassen.

Demnach bestehe ein Potenzial von rund 30.000 Wohneinheiten plus der Realisierung des Potenzials aus dem Wohnbauentwicklungsprogramm. Gleichwohl könnten aus den anvisierten 30.000 Wohneinheiten 3.000 wegen Störfälle (Soweso-Problematik) wohl nicht realisiert werden. Trotzdem zeigt sich Cunitz optimistisch gemäß dem Planungsrecht in den nächsten drei Jahren 12.000 bis 13.000 neue Wohnungen schaffen zu können.

Um mehr Flächen auszuweisen, müsse bei den Kommunen im Umland aber viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Da die Stadt zu 25 Prozent aus Ackerflächen besteht, ist das Realisierungspotenzial weiterer Baugebiete beschränkt.

Frankfurt und Offenbach bald eins

Positiv ist anzumerken, dass Frankfurt und Offenbach bei der Entwicklung neuer Wohngebiete stärker zusammen arbeiten wollen. Fakt ist, dass die beiden Städte, die zusammen auf 850.000 Einwohner kommen, bereits jetzt zusammenwachsen, obwohl dies von vielen Politikern bislang vehement verneint wird. Mit einer gemeinsamen Gesellschaft wollen Frankfurt und Offenbach nunmehr die grenzübergreifende Entwicklung vorantreiben.

Dies ist einer von vielen Vorschlägen des „Urban Land Instituts“, sagt der Offenbacher Oberbürgermeister Horst Schneider. Unter anderem wollen Cunitz und Schneider den Vorschlag aufgreifen, eine gemeinsame Entwicklungsgesellschaft der beiden Städte zu gründen, die sich zum Beispiel um das Kaiserlei-Gebiet an der Stadtgrenze kümmern könnte.

Hier könnte ein moderner Bürostandort entstehen, betonte der Offenbacher Oberbürgermeister. Eine andere Idee ist, den Grüngürtel in Oberrad und Fechenheim über das Offenbacher Stadtgebiet zu verbinden. Schneider wies in seinem Vortrag auf dem Immobilienforum auch auf die neuen Wohnraumkonzepte am Hafen Offenbach hin. Zudem hofft er, dass die Industrieflächen auf dem ehemaligen MAN-Roland-Gelände revitalisiert werden können.

Eine Fläche für zwei Bedarfe

Das Frankfurter Problem ist, dass keine ausreichenden Flächen für Gewerbe und Wohnen zur Verfügung stehen. Einerseits habe es die Stadt versäumt Flächen auszuweisen, andererseits habe die Stadt keine Strategie, um dieses Problem zu adressieren, sagte der Architekt Stefan Forster. Zudem sollten sämtliche Stadtgebiete am Wasser entlang erschlossen werden, was die beiden Kommunen bisher verhinderten.

Hier soll das integrierte Stadtentwicklungsprojekt „Frankfurt am Main 2030“, das Ende 2016/Anfang 2017 fertig gestellt sein soll, Klarheiten schaffen, wie es mit Frankfurt weiter geht. Oft ist davon die Rede, dass Frankfurt die zentrale Funktionen einer sogenannten Global City zu erfüllen habe und als attraktive Großstadt mit hoher Lebens- und Umweltqualität zukunftsfähig weiterentwickelt werden soll.

Was viele Kommunalpolitiker jedoch übersehen ist, dass der Großraum Frankfurt innerhalb Deutschlands zusammen mit Berlin und München zwar zu dem sogenannten Magic Tree zähle, wie der arthesia-Berater Thomas Secvik erklärte.

Allerdings befinde sich Frankfurt in einer Einwohnerfalle. Mit über 700.000 Einwohnern sei die Mainmetropole keine Millionenstadt, sondern eher mit Städten wie Amsterdam, Rotterdam oder Boston vergleichbar. Zudem fehle der Stadt die Modernität, die Sevcik beispielsweise bei Rotterdam ausmacht.

Für den Berater kommen zwei Veränderungen auf die Städte zu: Zum einen die digitalen Urbanität und die Mischung von Funktionen und die Neudefinition von Arbeit und Wohnen. Vor diesem Hintergrund müssen im Stadtbau neue Wege eingeschlagen werden, um Frankfurt als Modernität zu platzieren.

Auch dieses Forum hat erneut gezeigt, dass eine metropolenübergreifende Strategie – trotz der Beteuerungen vom Planungsdezernenten, Wirtschaftsförderer oder Stadtentwickler – nicht zu erkennen ist. Zu unüberbrückbar sind offenbar die Partikularinteressen der Stadt- und Kommunalpolitiker zwischen Offenbach und Wiesbaden.

Andererseits haben die Politiker sich noch nicht ausreichend der Frage gewidmet, wie in einer so unter Wachstumsdruck stehenden Stadt die viel beschworene Lebensqualität aufrechterhalten werden kann? Denn wer will noch in einer Stadt leben, die immer mehr zugebaut, nachverdichtet, luxussaniert und segmentiert wird?

Falls die Mainmetropole die Stadtentwicklung nicht im Sinne der Stakeholder vorantreibt, könnte es mit dem Boom bald vorbei sein und als Folge daraus die Zuwanderung abnehmen. Dann bräuchte auch der Kampf um die Flächen nicht mehr geführt werden – und mit der Wohnungsnot wäre es möglicherweise auch vorbei.


Über den Autor:
Der Autor Karl-Heinz Goedeckemeyer ist unabhängiger Finanzanalyst (CREA) und Wirtschaftsjournalist in Frankfurt am Main. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Finanzanalyst hat er sich in verschiedenen Positionen umfassende Kenntnisse im Private Banking, Investmentbanking sowie in der Immobilienbranche erworben.

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