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ANC nach den Parlamentswahlen in der Pflicht Südafrika kann sich nur mit Reformen retten

In Südafrika fanden im Mai zum sechsten Mal Parlamentswahlen statt, aus denen der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) mit 57,5 Prozent der Stimmen als Sieger hervorging. Das Ergebnis ist für eine Partei, die grassierende Korruption, schwaches Wirtschaftswachstum, Misswirtschaft bei staatlichen Unternehmen und politische Stagnation verantwortet als beachtlicher Sieg anzusehen. Ein Großteil der Misere ist Erbe aus der Amtszeit des früheren Präsidenten Jacob Zuma.

Neue Zuversicht kam auf, als Zuma im Januar 2018 nach einem Machtkampf innerhalb des ANC im Amt des Präsidenten durch Cyril Ramaphosa abgelöst wurde. Doch Ramaphosa hatte innerhalb des ANC nach wie vor mit Mitgliedern der Zuma-Fraktion zu kämpfen. Daher gingen Reformen nur langsam vonstatten, auch wenn die Richtung sich insgesamt verbessert zu haben scheint. Es besteht nun die Hoffnung, dass der Wahlsieg des ANC Ramaphosa das politische Mandat und die Macht verleiht, wichtige Reformen reibungsloser umzusetzen. Die Oppositionsparteien sind nach wie vor relativ klein, und der ANC konnte acht der neun Provinzen für sich erobern.

Nach den Wahlen richten sich die Blicke vieler Beobachter nun auf die neue Kabinettzusammenstellung Ende Mai: Sie wird erste Hinweise geben, wie der Präsident mit kompromittierten Ministern umgehen wird.

Korruptionsbekämpfung ganz oben auf der Agenda

Die Korruption hat sich unter Zuma in nahezu allen Ebenen des Staates ausgebreitet. Sollte es Ramaphosa schaffen, gegen die Korruption in Unternehmen im Besitz von Staat und Partei vorzugehen, werden die Maßnahmen als wichtiges Signal des Fortschritts angesehen werden. Die kürzliche Ernennung eines allseits geachteten, neuen Leiters der Nationalen Strafverfolgungsbehörde scheint ein Schritt in die richtige Richtung zu sein.

Unserer Ansicht nach wird die Positionierung des ANC bei künftigen politischen Entscheidungen der nächste Test sein. Es herrscht weiterhin Verwirrung um wichtige Politikfelder wie etwa Bergbau, Zwangsverstaatlichung von Land sowie die sehr schleppende Vergabe von Bandbreiten an Mobilfunkunternehmen. Unternehmen im Staatsbesitz, die finanzielle und operative Unterstützung benötigen, darunter Südafrikas größter Energieversorger Eskom, sind ebenfalls ein eminent wichtiges Thema.

Die Wirtschaft ist weiter am Schwächeln. Für 2019 und 2020 prognostiziert der Internationale Währungsfonds nach jüngsten Zahlen vom April 2019 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,2 Prozent beziehungsweise 1,5 Prozent. Dieses verhaltene Wachstum hängt eng mit den genannten Problemen zusammen. Auf kurze Sicht gibt es nur wenige Katalysatoren, die das Wachstum antreiben können. Belastend wirken das gedämpfte Verbrauchervertrauen, das schwache Geschäftsklima und die hohe Arbeitslosigkeit. Aus unserer Sicht führt der Weg zu einer Änderung des aktuellen Status quo nur über kompromisslose Reformen, die sich in steigendem Vertrauen und höheren Investitionen niederschlagen dürften.

Reformen dürften das Vertrauen erhöhen

In der Vergangenheit bekämpfte Südafrika Rezessionen oder niedriges Wachstum mit einer Erhöhung der Staatsausgaben, die dann den Privatsektor stützten. Hierzu dürfte es aus unserer Sicht in Südafrika erneut kommen, vorausgesetzt, die Reformen sind in der Lage, das Vertrauen zu erhöhen.

Die Wahlen in Südafrika haben gegenwärtig noch keine großen Auswirkungen auf die Asset-Preise. Die südafrikanische Währung, der Rand, notiert basierend auf Inflationsunterschieden nahe an seinem fairen Wert. Wir erwarten, dass er auch weiterhin um die aktuellen Kursniveaus notieren wird, sofern es nicht zu globalen Impulsen kommt. Potenzial für Verbesserung besteht, falls der Markt vor dem Hintergrund positiver politischer Dynamik an Vertrauen gewinnt.

Die Renditen auf zehnjährige lokale Anleihen liegen gegenwärtig bei knapp über 9 Prozent. Dies ist eine der höchsten realen Renditen, die Südafrika jemals gesehen hat, unterstreicht die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in ihren Mitte Mai 2019 gemeldeten Daten. Diese reale Überrendite preist das fiskalische Risiko ein, das durch ein begrenztes Wachstum der Steuereinnahmen, eine relativ höhere Quote von Verschuldung/BIP sowie Schuldenprobleme bei der staatlichen Energieversorgung bedingt ist.

Aktienmarkt mit günstigen Bewertungen

Im historischen Vergleich erscheint der südafrikanische Aktienmarkt derzeit als günstig und bildet den Konsens über die schwächeren Wachstumserwartungen auf kurze Sicht ab. Gegenwärtig notiert der MSCI South Africa Index (ohne Naspers) ungefähr beim Zwölffachen der einjährigen Konsens-Gewinnerwartungen. Dies ist MSCI-Daten zufolge einer der niedrigeren Bewertungspunkte innerhalb der vergangenen vier Jahre.

Chancen sehen wir derzeit bei ausgewählten Konsumtiteln und Banken, die aus eigener Kraft ihre Margen steigern und Marktanteile erobern können. Auch wenn es aus unserer Sicht eine ganze Reihe von hochwertigen Unternehmen mit solider Führung in Südafrika gibt, ist das Gewinnwachstum in Anbetracht des schwachen gesamtwirtschaftlichen Umfelds gedämpft. Vorerst beobachten wir das Vorankommen der wichtigen Reformen, die für die Steigerung des fundamentalen Wachstums in Südafrika insgesamt vonnöten sind.

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