Analysen zur Investmentsteuerreform, Teil 2 Das Privileg des Grandfatherings fällt

Sebastian Meinhardt ist Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG

Sebastian Meinhardt ist Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG

Bislang konnten Privatanleger davon ausgehen, dass sie sogenannte Alt-Fondsanteile zeitlich unbeschränkt steuerfrei veräußern können. Denn der Gesetzgeber gewährte für Fondsanteile wie auch für Aktien, Anleihen und Derivate, die vor Einführung der Abgeltungsteuer, das heißt noch vor 2009 erworben wurden, einen Bestandsschutz.

Aufgrund der beschlossenen Investmentsteuerreform wird dieser Bestandsschutz für Alt-Fondsanteile jedoch wegfallen. Ab 2018 erzielte Wertsteigerungen sind dann mit Ausnahme eines Freibetrages von 100.000 Euro immer steuerpflichtig, ganz gleich wann die Fondsanteile gekauft wurden.

Bestandsschutz für Alt-Fondsanteile

Aber warum gibt es überhaupt einen Bestandsschutz für Privatanleger? Aufschluss bringt ein kurzer Ausflug in die Vergangenheit.

Vor Einführung der Abgeltungsteuer waren Vermögenszuwächse aus privaten Kapitalanlagen nur dann steuerpflichtig, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung des Wertpapiers, also zum Beispiel eines Fondsanteils, nicht mehr als ein Jahr lag. Steuerlich wurden somit nur Kursgewinne erfasst, die aus sogenannten Spekulationsgeschäften erzielt wurden.

Mit Einführung der Abgeltungsteuer ab 2009 wurden dann jedoch sämtliche Wertsteigerungen unabhängig von einer Haltedauer steuerpflichtig. Dies aber nur, wenn die jeweilige Kapitalanlage ab Anfang 2009 angeschafft wurde.

Im Gegenzug gewährte der Gesetzgeber für vor 2009 erworbene Kapitalanlagen einen Bestandsschutz. Danach gilt die alte Rechtslage fort. Folglich können vor 2009 angeschaffte Kapitalanlagen (nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist) weiterhin steuerfrei veräußert werden. So kann zum Beispiel ein Anleger seine Ende 2008 erworbenen Fondsanteile ab dem Jahr 2010 oder später steuerfrei veräußern.

Die Vorteilhaftigkeit von Fonds zur Nutzung des Bestandsschutzes wird aber erst deutlich, wenn man eine Besonderheit der Fondsbesteuerung, das sogenannte Thesaurierungsprivileg berücksichtigt. Ein Fonds kann seine erzielten Erträge an den Anleger ausschütten oder diese thesaurieren, das heißt im Fondsvermögen behalten und reinvestieren.

Ausschüttungen sind grundsätzlich steuerpflichtig. Aber auch bei einer Thesaurierung muss der Anleger bestimmte Erträge des Fonds besteuern, obwohl ihm grundsätzlich keine Liquidität zufließt. Thesaurierte Erträge gelten fiktiv zum Ende des Geschäftsjahres steuerlich beim Anleger als zugeflossen. Eine Ausnahme gilt hier jedoch für Veräußerungsgewinne, die der Fonds zum Beispiel aus Aktienverkäufen realisiert hat. Diese können vom Fonds steuerfrei thesauriert werden.