„Alternative Investments Aren’t Just for the Rich“ titelte 2016 ein Nasdaq-Marktkommentar. Damals entsprach das nicht der Wahrheit. Aber heute, fast zehn Jahre später, hat die Schlagzeile ihre Berechtigung. Das Angebot an alternativen Kapitalanlagen für europäische Privatanleger ist gestiegen.
Private Market Assets bieten eine interessante Möglichkeit, traditionelle Portfolioallokationen aus Aktien, Anleihen und Geldmarktinstrumenten um Alternativen zu erweitern. Sie können Diversifikationsvorteile, geringe Korrelation zu konventionellen Kapitalmarktportfolien und Potenzial für höhere Renditen bieten – bergen aber auch nicht unerhebliche Risiken.
Institutionelle und professionelle Anleger haben seit Dekaden einen einfachen Zugang zu den Anlageklassen. Für Privatanleger liegen die Eintrittsbarrieren höher. Die Gründe: komplexe rechtliche Anforderungen, hohe Minimuminvestments und die mit Alternativen Assets verbundenen Risiken. Aber wie hoch sind die Hürden heute noch?
Private Market Assets und die AIFM-Richtlinie
Private Market Assets, also Anlagen in nicht-öffentlich gehandelten Märkten, sind oft illiquide und komplex strukturiert. Sie umfassen Anlageklassen wie Private Equity, Venture Capital, Private Debt, Immobilien sowie Infrastruktur und Renewables. Sie erfordern in der Regel hohe Mindestinvestitionssummen, die teils regulatorisch gefordert sind, und langfristige Kapitalbindungen.
Die Alternative Investment Fund Managers Directive (AIFM-Richtlinie) der EU will den Umgang mit solchen Investments regulieren. Ziel war es, sicherzustellen, dass alternative Fondsstrukturen nicht nur einen angemessenen Anlegerschutz gewährleisten, sondern auch die Finanzmärkte stabilisieren. Kurz gesagt: Mit der AIFM-Richtlinie sollte ein einheitlicher Rahmen für Private Market Assets geschaffen werden.
Die Richtlinie adressierte vor allem institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Versicherungsgesellschaften oder Vermögensverwalter. Privatanleger sollten demnach aufgrund der hohen Komplexität der Anlageklasse von alternativen Investments weitgehend ausgeschlossen bleiben. Es blieb den europäischen Mitgliedstaaten überlassen, Marktzugangsbarrieren auf- oder abzubauen und damit den Zugang für Privatanleger zu steuern.
Die AIFM-Richtlinie fordert von den Anbietern alternativer Investmentfonds unter anderem:
● Erhöhte Transparenz: Regularien zu Berichtspflichten gegenüber den Investoren und den Aufsichtsbehörden.
● Verbessertes Risikomanagement: Strenge Risikomanagementverfahren, um potenzielle Verluste zu mindern.
● Stärkeres Liquiditätsmanagement: Richtlinien zur Sicherstellung der Liquidität, auch in Krisensituationen.
● Mehr Kundenschutz: Besondere Schutzmechanismen für Anleger, die durch die Anlage in illiquide und komplexe Produkte hohe Verluste erleiden könnten.
AIFM schuf auf Ebene der institutionellen und professionellen Anleger ein ganzheitliches Rahmenwerk, das seit über zehn Jahren Private Markets Assets in Europa feste Konturen verleiht.
Zugangswege für Privatanleger
Das Problem: Die neuen regulatorischen Eckpfeiler für institutionelle Kapitalanlagen ignorieren mehr als die Hälfte des global verfügbaren Kapitalvolumens. Nämlich das der Privatanleger. Die AIFM-Richtlinie richtet sich nur an institutionelle und professionelle Marktteilnehmer. Dennoch: Trotz Einschränkungen finden Privatanleger immer neue Möglichkeiten, um an der Wertentwicklung von Private Market Assets zu partizipieren:
Crowdinvesting-Plattformen ermöglichen Kleinanlegern den Zugang zu Anteilen an kleinen Investitionsprojekten, meist in den Bereichen Immobilien oder Wagniskapital (Start-ups). Laut Statista Market Insights beträgt das Transaktionsvolumen im Crowdinvesting-Markt in 2024 weltweit jedoch nur 1,59 Milliarden Euro. Ein verschwindend geringes Volumen – selbst dann, wenn es lediglich in Bezug zum vorhandenen Geldvermögen deutscher Privathaushalte gesetzt wird, das bei rund 8 Billionen Euro liegt.
Warum sind Privatanleger so zurückhaltend? Crowdinvesting ist risikobehaftet, da die Zielinvestments oft hohe Ausfallraten aufweisen. Zudem fließen die Investments selten direkt, sondern über Zweckgesellschaften, sodass man meist kein direktes Eigentum erwirbt. Außerdem ist das investierte Kapital in der Regel langfristig gebunden und teils nicht verkäuflich.
Alternative Investmentfonds (AIFs) für Privatanleger
Bestimmte AIFs, die als Publikumsfonds für Privatanleger zugelassen sind, ermöglichen es Nicht-Professionellen, sich an Private Market Assets zu beteiligen. Diese Publikums-AIFs sind stark reguliert: Sie unterliegen der AIFM-Richtlinie, der nationalen Umsetzung (Kapitalanlagegesetzbuch) und der jeweils nationalen Finanzaufsicht (Bafin).
Verantwortliche solcher Fonds konzentrieren sich häufig auf Immobilien, Infrastruktur oder erneuerbare Energien. Die Vehikel sind oft speziell auf kleinere Anlegergruppen zugeschnitten. Allerdings sind sie in der Regel mit hohen Gebühren, langen Haltezeiten und einer häufig schlechteren Wertentwicklung verbunden als die institutionellen Pendants. Aufgrund dessen haben auch über AIFs für Privatanleger bislang nur wenig Private Market Assets den Weg in Privatanlegerdepots gefunden.
ETFs und ETNs auf Alternative Assets
Bestimmte Exchange-Traded Funds (ETFs) und Exchange-Traded Notes (ETNs) bilden alternative Anlageklassen wie Rohstoffe, Gold, Private Equity-Indizes oder Immobilien ab. Für Kleinanleger sind sie damit eine indirekte Möglichkeit, sich in diesen Bereichen zu engagieren.
Im Gegensatz zu direktem Private Equity sind ETFs und ETNs an der Börse handelbar und bieten damit höhere Liquidität. Jedoch schaffen diese Instrumente nur einen indirekten Zugang und korrelieren durch die Börsennotierung meist mit dem breiten Kapitalmarkt.
Derivate auf alternative Anlageklassen
Anleger können über bestimmte Derivate, wie Optionsscheine, in alternative Assets investieren. Diese Instrumente ermöglichen es Privatanlegern, auf die Preisentwicklung von alternativen Anlageklassen zu setzen. Derivate sind oft komplex und risikobehaftet, da sie regelmäßig gehebelt und dadurch stärker Volatilitäten ausgesetzt sein können.
Neben diesen traditionellen Zugangswegen erhalten Privatanleger auch durch neue Anlagelösungen Zutritt. Dazu gehören beispielsweise Verbriefungen von alternativen Anlageklassen, wie Venture Capital, durch regulierte Spezialanbieter in Inhaberschuldverschreibungen.
Diese Inhaberschuldverschreibungen referenzieren ein statisches Portfolio von Private Market Assets. Der Anleger bildet über die Inhaberschuldverschreibung die Performance-Entwicklung des Private-Market-Assets-Portfolio eins zu eins ab. Dabei werden die Risiken aus den einzelnen Portfoliokomponenten aggregiert. Bei einem breit gestreuten Portfolio können sie diversifiziert werden. Solche Transaktionen werden regelmäßig im Wege öffentlicher Wertpapierangebote durchgeführt.
Ein weiteres Novum ist das aktualisierte Rahmenwerk für European Long-Term Investment Funds durch die Eltif II-Verordnung. Eltifs sollten ab 2015 in der EU für mehr Investitionen in die europäische Realwirtschaft sorgen, blieben aber zunächst Ladenhüter. Hohe regulatorischer Hürden, Mindestanlagebeträgen im fünfstelligen Bereich und wenige Eltif-Fonds am Markt machten diese AIFs für Privatanleger weitestgehend uninteressant.
Mit der Eltif II Novelle veränderte sich das grundlegend, Hürden wurden weitgehend abgebaut. Damit vereinfachen die Vehikel den Zugang zu Infrastruktur und Co. Durch die Reform entstanden neue Anbieter, die sich auf diese Fonds mit institutionellem Charakter für Privatanleger spezialisieren haben.
Risiken für Privatanleger bei alternativen Investments
Alternative Investments bieten Chancen auf höhere Renditen und unterstützen das aktuelle politische Votum für mehr Risikobereitschaft in privaten Kapitalanlagen. Sie bergen allerdings Risiken, die vor allem für Privatanleger mit traditionellen Anlageportfolios neu zu dimensionieren sind. Zu den wichtigsten Risiken zählen:
● Illiquidität: Viele alternative Anlagen sind illiquide. Das bedeutet, dass Investoren ihr Kapital über lange Zeiträume binden müssen beziehungsweise ihre Kapitalanlagen schwerer zu übertragen sind.
● Komplexität: Die Strukturen von Private Market Assets Investments sind komplexer als die schlichte Aktienbeteiligung. Weniger erfahrene Anleger könnten Schwierigkeiten haben, die zugrunde liegenden Risiken einer solchen Struktur zu verstehen.
● Höhere Gebühren: Viele alternative Anlageformen bringen hohe Verwaltungs- und Erfolgsgebühren mit sich, was die Rendite mindern kann.
● Marktrisiken: Alternative Anlagen wie Private Equity oder Infrastrukturprojekte sind wie Aktieninvestments von wirtschaftlichen Schwankungen betroffen, die zu Verlusten führen können.
● Regulatorische Risiken: Da alternative Investments stärker reguliert werden, können Änderungen in der Gesetzgebung Einfluss auf die Rendite und Verfügbarkeithaben.
Sicherheitsmechanismen für den Schutz von Privatanlegern
Den zuvor erwähnten Risiken von Investitionen in Private Market Assets begegnet der Markt so intensiv wie nie zuvor. Eine wesentliche Maßnahme ist, alternative Anlagen der breiten Anlegerbevölkerung verständlicher und zugänglicher zu machen. Die Aufklärung über Private Market Assets, deren Wertschöpfung und Risiken ist fester Bestandteil des Leistungsangebots der Marktteilnehmer.
Auch europäische und nationale Gesetzgeber sowie Aufsichtsbehörden reagieren verstärkt auf den „Run“ auf Private Market Assets. So wurden zahlreiche Mechanismen geschaffen oder geschärft, um insbesondere Anbieter von alternativen Investments zu regulieren.
Das Ziel: Der Aufbau eines nachhaltigen und langfristig orientierten Level Playing Field. Damit verbunden ist die Aufgabe, Privatanleger besser zu schützen und keinen neuen „grauen Kapitalmarkt“ zu provozieren.
Allen voran bietet hier die Eltif-Novelle ein Rahmenwerk für Private Market Investments in der EU. Unter diesen Sicherheitsmechanismen, die Privatanleger sowohl direkt als auch indirekt schützen, sind beispielsweise die folgenden besonders hervorzuheben:
● Risikobewertung und -transparenz: Anbieter von Private Market Assets müssen eine transparente Risikobewertung und klare Informationen über mögliche Verluste bereitstellen.
● Anlegerschutzmaßnahmen: Aufklärung über das Totalverlustrisiko sowie den konkreten Strukturmerkmalen des jeweiligen Investments sind Maßnahmen, die Privatanleger schützen sollen. Meist geht daher die Prüfung von Geeignetheit selbst bei beratungsfreien Geschäften mit einem Investment einher.
● Liquiditätsmanagement: Es müssen Regelungen existieren, die ausreichende Liquidität bei semi-liquiden Strukturen sicherstellen, um Anteilsrückgaben auch in Krisensituationen zu ermöglichen.
● Strenge Anbieteranforderungen: Anbieter müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen und regelmäßige Audits durchlaufen, um das Vertrauen der Investoren zu stärken. Außerdem müssen sie regelmäßiger Preise der Zielinvestments veröffentlichen.
Fazit
Private Market Assets ermöglichen Privatanlegern, ihr Portfolio zu erweitern. Dies kann zu höheren Renditen beitragen und die Portfolio-Volatilität reduzieren. Der Zugang bleibt jedoch selektiv und reguliert. Eine Öffnung am europäischen Markt fand erst mit Eltif-Novelle statt, wodurch ein praxisnahes Rahmenwerk geschaffen wurde.
Crowdinvesting, Publikumsfonds für Privatanleger und börsengehandelte Produkte wie ETFs sind für Privatanleger gangbare Wege. Zusätzlich bieten weitere Anlagelösungen Zugangsmöglichkeiten zu Private Market Assets. Anleger sollten sich aber umfassend informieren, da die erhöhten Risiken, wie Illiquidität und Komplexität nicht vernachlässigt werden dürfen.
Zudem sollten Investments nur in Übereinstimmung mit den eigenen Risikopräferenzen erfolgen. Neben gesetzlichen und regulatorischen Initiativen für einen verantwortungsvollen Zugang sind Aufklärung und Diskurs über alternative Anlageklassen entscheidend. Dies gewährleistet nicht nur einen adäquaten Anlegerschutz. Viel mehr stärkt es auch das Investitionsinteresse von Anlegern in private, bisher kaum zugängliche Märkte. Und das trägt im besten Fall erheblich zum Wirtschaftswachstum bei.
Über die Autoren:
David Eckner, LL.M. (KCL), EMBA (Quantic) ist Counsel bei Chartered Investment Germany. Zuvor war er in leitenden Positioen unter anderem bei KMPG Law, der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft und der HSBC tätig.
Robin Binder ist Gründer und Geschäftsführer des Fintechs Nao. Vorherige Karrierestationen waren bei der Zeitgeist Gruppe und der HVB.