Als Instrument in der Kapitalanlage Was die Blockchain-Technologie tatsächlich leisten kann

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Zweieinhalb grundlegende Missverständnisse

Doch treten wir einen Schritt zurück und klären zunächst zwei grundlegende Missverständnisse:

1.) Selbst Experten sprechen von Kryptowährungen

Tatsächlich kann man, wie eben ausgeführt, die Blockchain für den Eigentumsnachweis von Kapitalanlagen oder als nicht-staatliches Währungs-Äquivalent nutzen. Manche dieser digitalen Wertpapiere haben Namen, zum Beispiel Bitcoin, Ether oder vielleicht demnächst auch Libra. Doch eine Währung im engeren Sinne sind diese in der Blockchain dokumentierten Werte keineswegs. Man könnte sie als Zahlungsmittel bezeichnen, die eine kleine, eingeschworene Gemeinde akzeptiert.

Doch in Wirklichkeit fehlt ihnen das, was eine Währung als solche legitimiert: die Ausgabe durch einen Staat oder eine Staatengemeinschaft, der auch für die Werthaltigkeit der Währung garantiert. Dieses fehlende Backing (Kurspflege) ist auch eines der wichtigsten Gründe für die Volatilität dieser Tauschwerte gegenüber staatlichen, also echten Währungen. Gegenwärtig ist ein Tauschhandel „Euro gegen Bitcoin“ also – aus juristischer Sicht – zunächst nichts anders als ein Tauschhandel „Euro gegen Kuh" oder „Euro gegen USB-Stick". Der USB-Stick steht in diesem Beispiel auch für das sogenannte "Cold Wallet" . Dabei ist wichtig zu verstehen, dass Bitcoin & Co. keinesfalls mit Blockchain gleichzusetzen sind. Sie sind lediglich Anwendungen auf Basis der Technologie: Ethereum ist die Blockchain, Ether ist der Coin.

1.1.) Energieverbrauch:

Unmittelbar mit der Währungsthematik verbunden ist der Kritikpunkt, dass die Blockchain einen viel zu hohen Energieverbrauch habe. Tatsächlich verbraucht der Betrieb aller auf Blockchain-basierten Anwendungen schon heute so viel elektrische Energie pro Jahr wie die Republik Irland. Um mittels Großrechner neue Blocks errechnen zu lassen, kostet zusätzliche Energie.

Nur ist diese Form der pauschalisierenden Kritik unlauter und wird der Sache nicht gerecht: Genauso könnte man fragen, ob man nicht das Internet abschalten müsse, um das Klima zu schützen. Man muss aufhören, zum Beispiel Braunkohle zu verstromen, um damit etwa E-Autos zu betreiben. Darin liegen weit größere Hebel, insbesondere angesichts der pandemischen Erfahrungen des Jahres 2020: Home Office, Home-Schooling, Videokonferenzen und vieles mehr.

Was in diesem Zusammenhang tatsächlich gemeint ist und völlig zu Recht kritisiert wird, ist der hohe Energieverbrauch für das Errechnen neuer Bitcoin-Blocks, das sogenannte Mining. Da für die Sicherheit und Echtheit dieser Blocks notwendigerweise immer kompliziertere Rechenprozesse vorgeschrieben sind, stehen solche Mining-Serverfarmen zumeist in unmittelbarer Nähe von Staudämmen mit Wasserkraftwerken etwa in Island und China: Strom und Kühlung aus einer regenerativen Quelle.

2.) Die vermeintliche Anonymität

Findige Gestalten mit einer enormen kriminellen Energie haben die Blockchain In Verruf gebracht durch und noch größerer Neigung zur Steuervermeidung. Diese haben sofort erkannt, dass sie in dieser Grauzone digitaler „Parallel-Währungen" ein Instrument in die Finger bekamen, das die Finanzfahnder und Anti-Geldwäsche-Experten der staatlichen Behörden für eine sehr lange Zeit nicht verstehen würden.

Sie haben Recht behalten, die staatlichen Organe hatten für einen sehr langen Zeitraum das Nachsehen. Schlimmer noch: Die organisierte Kriminalität hat ihren Vorsprung und das Momentum genutzt, um mit wirksamen Verschleierungstaktiken ihren Vorsprung auszubauen. Alles im Bewusstsein, dass das Konzept der kontinuierlichen Fortschreibung in Wirklichkeit völlig ungeeignet ist für die Geldwäsche – Sie ist ihr vielmehr diametral entgegengesetzt.

Das Märchen der Anonymität der Krypto-Coins ist also exakt das, was der Name beschreibt: eine frei erfundene Geschichte. Wer daran glaubt, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten. In einer Cyber-Welt, in der jede einzelne Transaktion – dezentral und unveränderlich – dokumentiert, protokolliert und von der Community testiert werden muss, um valide zu sein, ist das Konzept einer Anonymität nicht einmal mehr ein frommer Wunsch. Es ist schlichtweg ausgeschlossen. Ob die Rechenleistung der Zukunft in der Lage sein wird, den gesamten kryptographischen Prozess aufzulösen und zu durchleuchten, ist heute völlig unklar – Dann wäre allerdings die Verschlüsselung aller vergangenen Transaktionen ex post pulverisiert.