ALM-Studien für Pensionsanlagen Renditeziel verfehlt? Governance-Modell prüfen!

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Niedrigzinsumfeld erfordert Stärkung der Governance

Selbst wenn die internen Prozesse und Ressourcen bei einem Anleger zunächst nicht ausreichen sollten, um ein High-Governance-Portfolio umzusetzen, ist es doch sinnvoll, die Vor- und Nachteile eines solchen Ansatzes im Rahmen der ALM-Diskussion sowie gegebenenfalls den Ausbau oder Einkauf von Governance-Ressourcen zu prüfen. Die Spannweite der Ergebnisse der unterschiedlichen Governance-Modelle kann durchaus signifikant ausfallen. Aufgrund des Niedrigzinsumfelds und der niedrigeren Renditeerwartungen in den Hauptanlageklassen lassen sich mit Anlagestrategien aus dem Bereich „Low Governance“ die festgelegten Ziele häufig nicht mehr erreichen.

Damit ist es für Pensionsanleger unerlässlich, sich im Rahmen der Ausarbeitung ihrer langfristigen Anlagestrategie auch Gedanken über die Umsetzung zu machen. Konkret ist über die vorhandene oder benötigte Ressourcenausstattung und gegebenenfalls den Aufbau interner oder externer Kapazitäten zu entscheiden. Übergeordnetes Ziel für Pensionsanleger sollte die Erfüllung der erteilten Zusage sein. Das Risiko, die definierten Ziele zu verfehlen, sollte so weit wie möglich begrenzt werden.

Nüchterne Kosten-Nutzen-Analyse

Sollten Anleger mit einer Low-Governance-Struktur aufgrund einer möglichen Zielverfehlungswahrscheinlichkeit der aktuellen Anlagestrategie eine Auslagerung oder einen Einkauf von Ressourcen erwägen, ist im Rahmen der ALM-Studie sinnvollerweise auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die drei untersuchten Governance-Modelle zu analysieren. Viele Anleger gehen davon aus, dass einfache, passive Portfolien im Vergleich zu komplexen, aktiv gemanagten Strukturen günstiger sind. Das trifft bei isolierter Betrachtung der Kostenseite zwar zu, doch die Erfahrung zeigt, dass die Unterschiede in den Portfoliogebühren oder die Kosten eines Outsourcings für die unterschiedlichen Ansätze gering erscheinen im Vergleich zu den erwarteten Anlageergebnissen und der Erreichung der Renditeziele.

Hinweise für die Praxis

Oftmals zielen ALM-Studien darauf ab, auf Basis eines vorgegebenen Risikobudgets sowie der erforderlichen Rendite (zum Beispiel Rechnungszins) eine optimale Anlageallokation zu erarbeiten. Sollten innerhalb der untersuchten Strategien dann beispielsweise Renditeziele nicht mehr erreicht werden können, wird oft über eine Erhöhung des Risikoprofils (zum Beispiel Erhöhung der Aktienquote) versucht, diese Ziele wieder zu erreichen. Allerdings verschieben sich somit auch die Risiken der Anlage signifikant.

Stattdessen sollten sich Pensionsanleger schon zu Beginn einer ALM-Analyse mit vorhandenen und alternativen Governance-Modellen auseinandersetzen. Somit können auch Renditeträger in die Analyse einbezogen werden, die – auf den ersten Blick – nicht in das jeweilige Governance-Budget passen. Dies ermöglicht es Anlegern jedoch, ein breiteres Spektrum an Handlungsoptionen zu diskutieren und schlussendlich eine fundierte Entscheidung über die benötigte Anlagestrategie und Governance-Struktur zur Erreichung der langfristigen Ziele zu treffen.


Über den Autor:
Herbert Graf ist Investment Consultant bei Willis Towers Watson. Er berät institutionelle Anleger bei Fragen zur Governance, zu Anlagestrategien und der Auswahl und Überwachung externer Asset Manager. Seit 2016 ist er assoziierter Direktor (Associate Director) bei Willis Towers Watson am Standort Frankfurt am Main.

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