Claus Fintzen und Benjamin Walter von Allianz Global Investors Die einzigartigen Risikoprofile und Marktdynamiken von Energiewende-Anlagen

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Claus Fintzen und Benjamin Walter von Allianz Global Investors
Die einzigartigen Risikoprofile und Marktdynamiken von Energiewende-Anlagen
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Claus Fintzen (l.) und Walter Benjamin von Allianz Global Investors.

Claus Fintzen (l.) und Benjamin Walter von Allianz Global Investors: „Regelmäßige Berichterstattung und Kommunikation der Investoren mit den Kreditnehmern sind wichtig, um über Projektleistung und regulatorische Änderungen informiert zu bleiben.“ Foto: Allianz Global Investors

Die Energiewende ist in aller Munde. Die Herausforderungen ziehen sich durch fast alle Bereiche unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Investitionen, die dazu beitragen die Dekarbonisierung voranzutreiben, stehen im Fokus vieler institutioneller Anleger. Sie ermöglichen es aktiv Teil des globalen Wandels hin zu nachhaltigen Energiequellen zu sein, ohne auf Rendite verzichten zu müssen.

Institutionelle Anleger, die Fremdkapital zur Verfügung stellen, sind für die Finanzierung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien von zentraler Bedeutung. Wenn die damit verbundene Komplexität von Investitionen in diese Vermögenswerte verstanden wird, können Investoren risikobereinigte Renditen erzielen und Zugang zu einer Pipeline von Investitionsmöglichkeiten erhalten, während sie dazu beitragen, Länder in Richtung einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu lenken.

Im Fokus steht dabei die Umleitung von Kapital in Anlagemöglichkeiten, weg von Investitionen in fossile Brennstoffe und hin zu erneuerbaren Energien und Energiespeicherung, Elektrizitätsinfrastruktur und der Dekarbonisierung des Verkehrs. Investitionen in die Energiewende sollten somit die Investition in „transitioned“ (= umgestellte) Assets beinhalten, wie auch die Bereitstellung von Kapital für die Umstellung bereits bestehender Assets.

Dies schließt die Finanzierung von Investitionen zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks bestehender und mit fossilen Brennstoffen betriebener Systeme ein, wodurch beispielsweise Kraftwerke mit hohem Schadstoffausstoß durch CO2-Abscheidung und -Speicherung, Mitverbrennung nachhaltigerer Rohstoffe oder Umwandlung nachgerüstet werden.

Was macht Investitionen in die Energiewende attraktiv?

Investitionen in die Energiewende wurden in den vergangenen Jahren beträchtlich gesteigert und sind von entscheidender Bedeutung für die Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit. Sie sind der Schlüssel zur Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien, zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und zur Erreichung der globalen Klimaziele. Institutionelle Anleger sind mehr denn je gefragt, den Kampf gegen den Klimawandel zu unterstützen und die Dekarbonisierung der Wirtschaft zu fördern.

Derartige Investitionen können zudem aus mehreren Gründen voteilhaft sein. Zum einen können Fremdkapitalinvestoren eine Vorreiterrolle bei der Eindämmung des Klimawandels übernehmen und den Klimawandel aktiv bekämpfen. Zum anderen bieten Investitionen in Assets, die sich im Sinne der Energiewende transformieren, Fremdkapitalanlegern die Möglichkeit, ihre Portfolios mit Nachhaltigkeitszielen in Einklang zu bringen. Solche Investitionen sind ein deutliches Zeichen für das Engagement der Investoren im Bereich des Umweltschutzes und fördern positive Beziehungen zu Interessengruppen, die nachhaltigen Praktiken zunehmend Priorität einräumen.

 

Darüber hinaus steigt die Nachfrage nach sauberer Energie und das politische Umfeld ist günstig: Der weltweite Übergang zu nachhaltigen und erneuerbaren Energiequellen, der durch die ehrgeizigen Emissionsreduktionsziele der Länder weltweit vorangetrieben wird, führt zu einem Anstieg der Nachfrage nach sauberen Energietechnologien und -infrastruktur. Dieses Wachstum und das von den Regierungen durch Maßnahmen wie Einspeisetarife, Steuergutschriften und Standards für erneuerbare Energien geschaffene positive politische Umfeld eröffnen beträchtliche Investitionsmöglichkeiten in Form einer umfangreichen Deal-Pipeline.

Im Jahr 2022 erreichten die Investitionen in die Energiewende einen neuen Rekordwert von 1,3 Billionen US-Dollar. Dennoch müssen sich die jährlichen Investitionen mehr als vervierfachen und 5 Billionen Dollar übersteigen, um das angestrebte 1,5-Grad-Ziel einhalten zu können. Bis 2030 müssen die kumulierten Investitionen zur Zielerreichung auf 44 Billionen Dollar steigen. 80 Prozent, das heißt 35 Billionen US-Dollar gehen dabei laut der Internationale Organisation für erneuerbare Energien (Irena) in die Energiewende, wobei Effizienz, Elektrifizierung, Netzausbau und Flexibilität im Vordergrund stehen.

Vergleich der Energiewende- und Netzinvestitionen von 2022 mit den erforderlichen jährlichen Investitionen in den Jahren 2023, 2031-2040 und 2041-50 in einem Netto-Null-Szenario / 

Quelle: BloombergNEF. Anmerkung: Die zukünftigen Werte stammen aus dem New Energy Outlook 2022, mit Ausnahme des elektrifizierten Verkehrs, der aus dem „Electric Vehicle Outlook 2021 Net-Zero Scenario“ stammt. Das Net-Zero-Szenario zielt darauf ab, bis 2050 eine globale Net-Zero-Energieerzeugung zu erreichen, die einer Erwärmung von 1,77 Grad Celsius entspricht. Die Investitionen umfassen auch Stromnetze. Der New Energy Outlook (NEO) ist die langfristige Szenarioanalyse von BloombergNEF zur Zukunft der Energiewirtschaft, die die Bereiche Strom, Industrie, Gebäude und Verkehr sowie die wichtigsten Einflussfaktoren für diese Sektoren bis 2050 umfasst.



Die Anlagen in die Energiewende können zudem stabile Cashflows mit Renditechancen kombinieren und durch Stromabnahmevereinbarungen oder regulierte Einnahmen stabile Einnahmeströme liefern. Diese Einnahmequellen können einen stetigen und vorhersehbaren Cashflow sichern. Investoren können diese Projekte mit solchen kombinieren, die den Änderungen der Strompreise – das heißt dem Handelsrisiko – oder sogar den geografischen oder zeitlichen Unterschieden der Strompreise ausgesetzt sind. Nachfragerisiko kann in Form von Ladestationen für Elektrofahrzeuge hinzugefügt  werden. Durch strategische Investitionen in diese risikoreicheren Assets können Anleger die Gesamtrendite eines Portfolios steigern.

Was gilt es zu beachten?

Neben typischen Eigenkapitaltransaktionen können institutionelle Anleger auch in Fremdkapitalfinanzierungen investieren. Diese erfolgen meist über marktübliche Strukturen des Infrastrukturkreditmarktes, was die Interessen der Fremdkapitalgeber schützt und zu geringeren Ausfallwahrscheinlichkeiten und Verlustquoten führen soll. Dies erfordert jedoch einen umfassenden Ansatz in Bezug auf Strategie, Risikomanagement und Integration von Nachhaltigkeit. Um in diesem Feld agieren und reagieren zu können, gilt es dabei für institutionelle Anleger einiges zu beachten.

  • Da sich die Weltwirtschaft zunehmend auf nachhaltige Praktiken ausrichtet, ist die Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) in Anlageentscheidungen nicht nur eine Frage des verantwortungsvollen Investierens, sondern auch eine strategische Notwendigkeit. Investoren müssen klare Nachhaltigkeitsmetriken einführen und etablierte Rahmenwerke nutzen, um Investitionen zu steuern. Zudem kann ein aktiver Ansatz zur Einbindung von Portfoliounternehmen in Nachhaltigkeitsfragen positive Auswirkungen haben und die Rendite steigern.
  • Mit Fachwissen und Sorgfaltspflicht können Risiken minimiert werden. Transaktionen im Bereich der Energiewende sind komplex und mit spezifischen Risiken verbunden. Potenzielle Änderungen der Regierungspolitik oder des regulatorischen Rahmens können die Rentabilität und Durchführbarkeit eines Projekts beeinflussen. Investoren sollten über eigenes Fachwissen im Bereich Projektfinanzierung und Technologien verfügen oder erfahrene Partner engagieren, um sich in diesem Sektor zurechtzufinden.
  • Außerdem ist eine gründliche Due-Diligence-Prüfung ein entscheidender Bestandteil dieses Prozesses, um beispielsweise die Durchführbarkeit des Projekts und die Stabilität des Cashflows zu bewerten. Zu den Anlagen der Energiewende gehört ein breites Spektrum an Investitionsmöglichkeiten, von denen jede eine Reihe einzigartiger Risikoprofile und Marktdynamiken aufweist. Die Cashflow-Profile gestalten sich unterschiedlich und reichen von garantierten Einspeisetarifen/Stromabnahmeverträgen (PPA= Power Purchase Agreements) über regulierten Einnahmen, die Investment-Grade-Strukturen ermöglichen, bis hin zu potenziell renditestarken Strukturen mit vollständig nachfrageabhängigen Abnahmemengen.

Diese Vielfalt der Energiewende-Assets unterstreicht, wie wichtig es ist, jede Investition einzeln zu analysieren, denn Anlagen in die Energiewende können oft stärker Risiken ausgesetzt sein als andere Anlagen innerhalb der Anlageklasse Infrastruktur – besonders in Hinblick auf technologische Risiken, Marktrisiken oder veränderte regulatorische oder politische Rahmenbedingungen.

Portfolio-Diversifikation

Da verschiedene Investitionen im Rahmen der Energiewende nicht in gleichem Maße von staatlichen und regulatorischen Risiken sowie von Marktschwankungen beeinflusst werden, kann ein diversifiziertes Portfolio auch mit einem thematischen Fokus auf die Energiewende aufgebaut werden. Durch die Diversifizierung ihres Portfolios können Anleger ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Risiko und Rendite erzielen und von den Chancen profitieren, die sich in verschiedenen Bereichen und Regionen des Marktes für saubere Energie ergeben.

 

Anleger sollten zudem umfassende Risikobewertungsmethoden nutzen, um die wichtigsten Risiken frühzeitig zu erkennen und zu steuern. Zu den Strategien können Portfolio-Stresstests und Szenarioanalysen gehören, um die Widerstandsfähigkeit des Portfolios zu erhöhen. Dabei ist es wichtig, die Risikomanagementstrategien ständig zu überwachen und an sich verändernde Marktdynamik anzupassen.

Aktives Asset Management kann besonderen Nutzen stiften. Dies beinhaltet in der Regel eine genaue Überwachung der finanziellen und betrieblichen Leistung, die Einhaltung der finanziellen Vereinbarungen und ein stetiges Risikomanagement der Investition. Regelmäßige Berichterstattung und Kommunikation der Investoren mit den Kreditnehmern sind wichtig, um über Projektleistung und regulatorische Änderungen informiert zu bleiben. Eine proaktive Überwachung kann die Risikoerkennung und -minderung zum Schutz der Interessen der Fremdkapitalgeber erleichtern.

Chancen der Energiewende nutzen

Investitionen in Energiewende-Assets ermöglichen institutionellen Anlegern, aktiv zur globalen Nachhaltigkeitsagenda beizutragen. Das erklärte politische Ziel die Energiewende zu fördern, kann dabei durch regulatorischen und gesellschaftlichen Rückenwind einen gewissen Schutz vor nachteiligen Veränderungen bieten.

Wettbewerb wird intensiver

Die Fremdfinanzierung für solche Projekte erfolgt über Standardstrukturen des Infrastrukturkreditmarktes, die restriktiven Auflagen, Leverage-Test und Sicherheitsbestimmungen beinhalten. Dies schützt die Interessen der Fremdkapitalgeber und führt zu geringeren Ausfallwahrscheinlichkeiten und Verlustquoten bei Energiewende-Assets im Vergleich zu anderen Formen der Kreditvergabe insbesondere im Bereich der Unternehmensfinanzierung. Dies bietet Anlegern ein potenziell attraktives Risiko-Ertrags-Verhältnis in einem grüneren, nachhaltigeren Kontext.

Aufgrund der hohen Nachfrage nach Investitionen, die die Energiewende vorantreiben können, ist ein immer intensiverer Wettbewerb im Markt festzustellen. Sourcing, Risikomanagement und aktives Asset Management haben an Bedeutung gewonnen. Der Zugang zu attraktiven Transaktionen steht dabei häufig bevorzugt erfahrenen und größeren Anlegern offen, die über entsprechende Expertise und Netzwerke verfügen und oft schneller Chancen realisieren und Risiken bewerten können.

Über die Autoren

Claus Fintzen ist seit 2012 bei Allianz Global Investors (AGI) CIO und Leiter des Bereichs Infrastructure Debt. Vor dieser Zeit hatte er verantwortungsvolle Aufgaben bei , dem US-Finanzunternehmen Mbia und der Großbank Citygroup.

Benjamin Walter ist seit gut sieben Jahren bei AGI. Zunächst als Portfoliomanager, mittlerweile in verantwortungsvoller Position im Infrastructure-Debt-Team. Zuvor war er unter anderem bei Blackrock und der Deutschen Bank.

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