Ein gutes Jahr ist die EU-Offenlegungsverordnung, die Sustainable Finance Disclosure Regulation oder kurz SFDR, nun alt. Eigentlich klingt ihr Inhalt recht simpel. Sie besagt, dass Fonds in puncto Nachhaltigkeit nach Artikel 6, 8 und 9 klassifiziert werden müssen. Dabei darf ein Artikel-6-Fonds so gut wie alles ins Portfolio nehmen, beispielsweise auch Tabakfirmen. Für institutionelle Investoren, die verpflichtet sind, sich selbst nachhaltig aufzustellen, kommen demnach nur nach Artikel 8 und 9 klassifizierte Fonds infrage.
Wie wohl die meisten Kollegen aus der Branche legt Jürgen Voß dabei seinen Schwerpunkt auf Artikel-8-Fonds. Artikel 9 ist für den Chef der Kapitalanlage der Nürnberger...
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Ein gutes Jahr ist die EU-Offenlegungsverordnung, die Sustainable Finance Disclosure Regulation oder kurz SFDR, nun alt. Eigentlich klingt ihr Inhalt recht simpel. Sie besagt, dass Fonds in puncto Nachhaltigkeit nach Artikel 6, 8 und 9 klassifiziert werden müssen. Dabei darf ein Artikel-6-Fonds so gut wie alles ins Portfolio nehmen, beispielsweise auch Tabakfirmen. Für institutionelle Investoren, die verpflichtet sind, sich selbst nachhaltig aufzustellen, kommen demnach nur nach Artikel 8 und 9 klassifizierte Fonds infrage.
Wie wohl die meisten Kollegen aus der Branche legt Jürgen Voß dabei seinen Schwerpunkt auf Artikel-8-Fonds. Artikel 9 ist für den Chef der Kapitalanlage der Nürnberger Versicherung „extrem ambitioniert“. Doch auch Artikel 8 bereitet ihm Sorgen – vor allem, weil inzwischen neben der Bafin auch weitere Aufsichtsbehörden innerhalb der EU das Thema aufgegriffen haben. Neben der ökonomischen sei somit auch eine regulatorische Einflusssphäre zu beachten.
Voß rechnet damit, dass die Berichtspflichten sogar noch weiter ausgeweitet werden: „Hier ist jedoch noch unklar, wie die Vorgaben der Regulatoren auf Dauer sein werden.“ Er verweist zudem darauf, dass auch in anderen regulatorischen Umfeldern die Anforderungen über die Jahre sukzessive immer weiter erhöht worden seien: „Deshalb kann ich heute auch noch keine Aussage darüber treffen, in welchem Jahr wir vollständig Artikel-8-fähig sein werden.“
Etwas konkreter wird Achim Stranz. „Wir haben knapp 90 Prozent unserer Fonds nach Artikel 8 und 9 klassifiziert“, sagt der Geschäftsführer von Axa Investment Management in Deutschland. Zwar habe die Politik mit der Offenlegungsverordnung ihre Arbeit gemacht und einen Rahmen gesetzt. Aber: „Es hakt an der konkreten Umsetzung.“ Dass die SFDR-Nummer-1-Richtlinien mit ihren drei Artikeln für Fonds bereits in Kraft getreten sind, die SFDR-Nummer-2-Richtlinien, die besagen, dass Fondsanbieter über die Auswirkung ihrer Anlagestrategie in Bezug auf ESG-Kriterien in einem Reporting Auskunft geben müssen, auf Anfang 2023 verschoben wurden, schafft in seinen Augen aber alles andere als Klarheit. „Alle stochern derzeit irgendwie im Nebel“, klagt Stranz, „jeder hat gefühlt so ein bisschen Sorge, dass man etwas macht, was nicht mehr zurückgedreht werden kann.“
Eine Rückklassifizierung wäre Voß zufolge extrem kompliziert, sehr teuer – und könnte verheerende Folgen haben: „Sollte die Artikel-8-Fähigkeit festgestellt und kommuniziert worden sein und geht diese Eigenschaft später wegen einer Verschärfung bei den aufsichtsrechtlichen Vorgaben verloren, steht der Verdacht im Raum, dass die zuvor kommunizierte Fähigkeit nicht berechtigt war.“ Unweigerlich stünde der Vorwurf des Greenwashing im Raum.
Thomas Voland von der internationalen Wirtschaftskanzlei Clifford Chance hält das für eine begründete Sorge. Er verweist auf entsprechende Ermittlungen in der Branche. „Unternehmen befinden sich in dem Zwiespalt, mit wenig Informationen hinter den regulatorischen Anforderungen zurückzubleiben oder zu viele Informationen zu liefern, die dann Gegenstand einer Klage werden könnten.“