Fondsanalyse Deluxe, Teil 23 „Wayne-Gretzky-Investing“, oder auch: Dort sein, wo der Puck hinfliegt

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Makroebene: Kapfer analysiert fortlaufend das Anlageumfeld. Er sucht nach Trends und neuen Themen, insbesondere nach großen Strukturbrüchen, denn diese prägen die Märkte besonders nachhaltig. Deshalb ist für ihn die Vorausschau auf die wahrscheinlichsten fundamentalen Entwicklungen der nächsten Monate von überragender Bedeutung, denn die Börsen nehmen diese bekanntlich voraus, und er will schon dort positioniert sein, bevor das Gros der Investoren ein Thema für sich entdeckt. Er selbst nennt dies „Wayne-Gretzky-Investing“ in Anlehnung an den besten Eishockeyspieler der 80er und 90er Jahre. Gretzky sagte seinerzeit auf die Frage nach seinem Erfolg, dass er dorthin läuft, wo der Puck sein wird, und nicht dorthin, wo er gerade ist.

Auf der Makroebene legt Kapfer den Investitionsgrad fest. Dabei hat er die Möglichkeiten, neben Aktien auch in Anleihen zu investieren, Kasse aufzubauen und Absicherungspositionen einzugehen. Anleihen hat er seit Ende 2013 aus dem Portfolio verbannt, da ihm angesichts des niedrigen Zinsniveaus das Chance-Risiko-Verhältnis nicht mehr attraktiv genug erschien. Erst nach dem Bondcrash im ersten Halbjahr 2022 hat er angefangen, wieder erste Positionen bei Anleihen aufzubauen.


Auch die Möglichkeiten zur Absicherung hat er in den vergangenen zehn Jahren kaum genutzt, da angesichts der niedrigen Zinsen jeder Rückgang am Aktienmarkt seiner Meinung nach eine Kaufgelegenheit darstellte. Auf der Makroebene entscheidet er auch, wie das investierte Portfolio grundsätzlich aussehen soll. Neben den herkömmlichen Allokationskriterien Länder und Regionen sowie Sektoren haben auch die Investmentstile Value und Growth große Bedeutung, wobei diese Entscheidungen immer auch einer Fundierung auf der Mikroebene bedürfen.

Mikroebene: Bei der Auswahl der Titel nutzt Kapfer neben seiner langjährigen Erfahrung unter anderem auch das Netzwerk anderer Manager bei Squad als Sparringspartner. Während er die großen US-Titel sowie europäische und asiatische Standardwerte, die den Schwerpunkt des Fonds ausmachen, selbst analysiert, holt Kapfer sich für die Beimischungen kleinerer und mittlerer Unternehmen Unterstützung aus dem Squad-Netzwerk. Er legt bei der Analyse von Unternehmen sein Augenmerk auf die Kombination aus Makro-Veränderungen, den möglichen Konsequenzen auf Marktführerschaft und Wettbewerbsvorteile sowie der Qualität des Managements
und der Kapitalallokation. Dabei beurteilt er Unternehmen nicht nach einem Raster, sondern er analysiert gezielt, welche Kriterien im jeweiligen Fall dominant sind und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.

Beispielsweise kann den Tech-Riesen aus den USA hinsichtlich Wettbewerbsvorteile und Marktmacht keiner das Wasser reichen. Allerdings war die massive Outperformance gegenüber Value-Werten in den vergangenen Jahren bei vielen der wachstumsstarken Titel nur zu einem kleineren Teil durch eine bessere Gewinnentwicklung begründet. Der Rest, so Kapfer, seien Bewertungsausweitungen gewesen, die sich mit steigenden Zinsen nivellieren. Stattdessen werde nun der Energiesektor einer der Gewinner der nächsten Jahre werden, denn diese Unternehmen sind hoch profitabel, niedrig bewertet und in den Portfolios der meisten Investoren unterrepräsentiert.

Zudem werde die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen – ESG hin oder her – hoch bleiben, wohingegen die Investitionen eben auch wegen ESG jüngst geringer waren als im Jahr 2005. An dieser Stelle zeigt sich die Verzahnung von Mikro- und Makroebene. Am Ende entscheidet dann der Preis, welche Titel ins Portfolio kommen beziehungsweise aus dem Portfolio genommen werden. Seinen Leitspruch für die Aktienauswahl hat er sich von Charlie Munger geliehen: „It‘s far better to buy a wonderful company at a fair price than a fair company at a wonderful price.“