private banking magazin: Herr Mosel, die mageren Zinsen auf sichere Geldanlagen tun allen Investoren weh. Kommen Sie als Versorgungswerk besser als andere durch das Niedrigzinsumfeld?
Christian Mosel: Als berufsständisches Versorgungswerk stehen wir als Altersvorsorgeeinrichtung „eigener Art“ vollkommen selbstständig neben der gesetzlichen Rentenversicherung. Unsere Berufsgruppe der Ärzte im Kammerbezirk Westfalen-Lippe ist klar umgrenzt. Im Unterschied zu einer privaten Rentenversicherung geht die Stornoquote bei abgeschlossenen Verträgen bei uns gegen null. Das ist ein großer Vorteil für die Planbarkeit der Cashflows.
Außerdem müssen wir keinen Vertriebsapparat alimentieren, da unsere Versicherten Pflichtmitglieder sind. Dadurch haben wir einen konstanten Zugang an neuen Versorgungsberechtigten, um den wir nicht mit Marketing- und Verkaufsaktionen werben müssen. Das macht es für uns generell leichter als beispielsweise für einen privaten Rentenversicherer, der ein Produkt vertreiben möchte.
Was bedeutet das für die Kapitalanlage in Zeiten von Nullzinsen?
Mosel: Wir können, aufgrund unseres äußerst langfristigen Anlagehorizonts, etwas mehr in Aktien investieren als andere Kapitalsammelstellen. Wir können alternative Anlagen stärker akzentuieren als andere. Darüber hinaus können wir gewerbliche Immobilienprojekte Dritter finanzieren. Das sind Faktoren, die wahrscheinlich nicht jede Kapitalsammelstelle so nutzt, wie wir das tun.
Die ÄVWL gewinnt häufig Preise für ihre Kapitalanlage. Gibt es ein Erfolgsrezept?
Mosel: Wir haben einfach gute Mitarbeiter. 30 Kolleginnen und Kollegen beschäftigen sich ausschließlich mit der Kapitalanlage – neben den 85 Mitarbeitern, die sich um unsere Versorgungsberechtigten und den Geschäftsbetrieb kümmern. Wir verfügen über ein hohes Maß an Spezialisierung hinsichtlich der einzelnen Asset-Klassen und können hinterfragen, ob neue Partner, neue Inhalte oder neue Verpackungen juristischer Art zu uns passen. Die Expertise zahlt sich längerfristig aus, was die Auszeichnungen erklärt.
Als Investor mit einem Anlagevolumen von knapp 14 Milliarden Euro scheuen Anbieter sicher keine Kosten und Mühen, Sie in Münster zu besuchen.
Mosel: Wir haben bei den liquiden Risikoträgern rund 30 externe Manager mandatiert. Unsere Asset Manager besuchen uns regelmäßig. Es kommen aber auch immer wieder Besucher aus Deutschland und dem Ausland, die in eine Geschäftsbeziehung mit uns eintreten wollen. Denn wir vergeben Anlagemandate, die in der Regel größer als 100 Millionen Euro sind. Da finden uns unsere Partner schon. Aber dabei muss ihnen klar sein: Wir schauen ganz genau hin.
Sie sprechen von zugeschnittenen Anlagekonzepten. Können Sie den Anbietern auch Wünsche mit auf den Weg geben, wie sie diese juristisch verpacken sollen?
Mosel: Zunächst muss klar sein: Im Vordergrund steht der Business Case einer Anlage mit ihrem Risiko-Ertrags-Profil. Nachgelagert unterhalten wir uns natürlich auch mit dem Anbieter darüber, welche juristische Anlagestruktur für uns ideal wäre und welche manchmal auch Voraussetzung für die Umsetzung einer Investition ist.