Die britische Fondsgesellschaft Abrdn verkauft einen ganzen Geschäftszweig: Man wolle sich von seinem Private-Equity-Business trennen, teilt Abrdn mit. Konkret geht es um das von Europa aus betriebene Private-Equity-Geschäft. Es umfasst, Stand Ende September, laut Angaben der Gesellschaft 7,5 Milliarden Britische Pfund (8,64 Milliarden Euro).
Käufer ist die an der US-Börse Nasdaq gelistete Investmentgesellschaft Patria, die vor allem in Lateinamerika aktiv ist. Der Deal mit Patria Investments soll im ersten Halbjahr kommenden Jahres abgeschlossen werden, stellt Abrdn in Aussicht. Zuvor hatte sich der Asset Manager bereits von seinem in den USA betriebenen PE-Geschäft getrennt. Dieses war an die Bostoner Anlagegesellschaft High Vista Strategies gegangen.
Von Abrdn heißt es dazu: Man habe das hauseigene Geschäft mit alternativen Assets strategisch überprüft und beschlossen, sich wieder mehr auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren. Das Kapital, das man aus den Verkäufen erziele, halte man dort für besser eingesetzt. Das Unternehmen hatte im Februar 2023 auch sein Wealth-Management-Geschäft in Großbritannien an die LGT Bank verkauft.
Abrdn will sich wieder langfristiger orientieren
Auf Anfrage von DAS INVESTMENT, der Schwesterredaktion des private banking magazins, spezifiziert eine Sprecherin: „Insgesamt passt das kurzfristig orientierte Private-Equity-Geschäft, bei dem Beteiligungen erworben, zwei bis drei Jahre gehalten und dann möglichst gewinnbringend wieder veräußert werden, nicht zur langfristigen Investmentphilosophie von Abrdn.“
Sobald die Transaktion mit Patria abgeschlossen sei, wolle man kein klassisches PE-Geschäft mehr betreiben. Ein vom Umfang begrenztes Engagement innerhalb von Multi-Asset-Fonds schließe man jedoch nicht aus. Ebenso wolle man bei Infrastrukturinvestments weiterhin auch außerbörsliche Beteiligungen erwerben. Dort setze man jedoch – anders als bei Private Equity sonst üblich – auf langfristige Anlagen mit bis zu 20 Jahren Investmenthorizont.
Abrdn-Chef Stephen Bird lässt sich mit den Worten zitieren: „Wir reduzieren die Komplexität weiter und konzentrieren uns auf Bereiche, in denen wir zuversichtlich sind, dass wir das Wachstum in Zukunft vorantreiben können.“
Im Zusammenhang mit der strategischen Anpassung verweist Abrdn unter anderem auf die im Sommer besiegelte Übernahme des Fondsberatungshauses Tekla Capital Management, das auf Healthcare-Investments spezialisiert ist – ein Anlagesegment, von dem sich Abrdn zukünftig offenbar mehr verspricht.
Auf die Anlageklasse Private Equity hatte sich Abrdn in den vergangenen Jahren nach eigenen Angaben vor allem in Form von Dachfonds-Lösungen für institutionelle Investoren spezialisiert. Eigene Einzel- oder Dachfonds habe man nicht angeboten.
Niedrigzinsen befeuerten Private Equity
Private Equity, Beteiligung an nicht börsennotierten Unternehmen, war im Verlauf der langjährigen Niedrigzinsära zu einer beliebten Anlageklasse geworden. Oft handelt es sich um Investments in nach Börsenmaßstäben kleinere Unternehmen. Durch den fehlenden Börsenhandel gilt der Markt als illiquide.
Während Private-Equity-Fans sich von der Anlageklasse höhere Renditen als von börsengehandelten Aktien versprechen, verweisen Skeptiker auf die geringere Transparenz des Marktes, der gleichzeitig höhere Verlustrisiken birgt. Mit den wieder gestiegenen Zinsen ist die Asset-Klasse für viele Investoren unattraktiver geworden: Einerseits wird die Geldaufnahme, die als Instrument zu vielen Private-Equity-Strategien gehört, teurer. Andererseits gibt es auch bei klassischen Anleihen neuerdings wieder interessante Renditen.
Die Entscheidung von Abrdn, sich von seinem Private-Equity-Engagement zu trennen, kommt vor diesem Hintergrund nicht ganz überraschend.
Über Abrdn
Die Fondsgesellschaft Abrdn hieß bis 2021 noch Aberdeen Standard Investments. Nach dem Verkauf der Marke Standard Life an den britischen Konzern Phoenix gab man sich den kürzeren Namen – der weiterhin „Aberdeen“ ausgesprochen wird. Das Haus ist weltweit an 20 Standorten aktiv und verwaltete nach eigenen Angaben zum vergangenen Jahreswechsel 424 Milliarden Euro für Kunden aus 80 Ländern.