Wenn der Verband unabhängiger Vermögensverwalter zum Vermögensverwaltertag einlädt, dann folgt die deutsche Vermögensverwalterbranche: Fast 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren am 3. November zu Gast im Empire Riverside Hotel in Hamburg und damit Teil der mittlerweile achten Ausgabe des Formats. Vormittags diskutierten Experten über das Spannungsverhältnis zwischen den USA, Russland und China, nachmittags bot Fabian Westerheide einen Einblick in die neusten Entwicklungen innerhalb der Künstlichen Intelligenz.
Aber auch die Entwicklung der Branche selbst stand im Vordergrund: Mit dem „Think Tank“ erprobte der VuV ein neues Format. Auf der Bühne trafen – moderiert von Frank Engel, kaufmännischer Geschäftsführer des Verbands – zwei Vertreter aus der unabhängigen Vermögensverwaltung auf zwei Vertreter aus der Unternehmensberatung: Christian Funke von Source For Alpha und René Spanier von Agevis diskutierten mit Axel Sarnitz von Zeb Consulting sowie David Vogeler von der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über Lösungsansätze für die Herausforderungen der Branche – und auch das Publikum stimmte über ein Online-Umfrage-Tool mit ab.
Wichtigste Erkenntnis: Die Vermögensverwaltungsbranche bleibt optimistisch. 40 Prozent der Umfrageteilnehmer erwarteten eine „goldene Zukunft“ für die Branche, während 39 Prozent davon ausgingen, dass alles so bleibt, wie es gegenwärtig ist. Aber auch die Aussichten für die vier größten Herausforderungen der Branche wurden bewertet.
Herausforderung 1: Der Fachkräftemangel
Sowohl das Publikum als auch die Diskussionsteilnehmer waren sich einig: Im Verhältnis zu den großen Banken sei es schwierig, im Wettbewerb um Talente mitzuhalten. Mit der größeren Flexibilität bei Arbeitsabläufen, in der Organisation und der Arbeitszeit gebe es aber einen Pluspunkt, die ein Vermögensverwalter potenziellen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bieten könnte.
Auch bei der Vergütung könnten Vermögensverwalter deutlich kreativere und leistungsorientierte Entlohnungen anbieten. Diese Vorteile müssen laut der Teilnehmer allerdings besser kommuniziert werden – wobei die sozialen Medien als idealer und kostengünstiger Kanal präferiert wurden.
Herausforderung 2: Der Generationswechsel
Zum Generationswechsel lieferte die Umfrage im Publikum eindrucksvolle Ergebnisse: Über die Hälfte der Befragten erwartet, dass die Zahl der mit einer Bafin-Lizenz ausgestatteten Vermögensverwalter bis 2030 von aktuell rund 470 auf 300 im Jahr 2030 fallen dürfte. Weitere 30 Prozent gingen sogar von einem Rückgang auf 200 Unternehmen aus.
Bei der Suche nach Nachfolgern in den Unternehmen wollen 55 Prozent der Befragten einen Kandidaten im eigenen Unternehmen aufbauen – wobei die Diskussionsteilnehmer mahnte, diesen Nachfolger frühzeitig zu finden und zu fördern. Helfen könnte dabei ein breites Netzwerk, Barrieren seien die notwendigen die Investitionen und der Mangel an unternehmerisch denken Kandidaten. Ein Viertel der Befragten kann sich einen Verkauf des eigenen Unternehmens vorstellen.
Herausforderung 3: Die Skalierbarkeit
Der Margendruck macht auch vor den Vermögensverwaltern keinen Halt. Eine vom Verband vorgeschlagene Lösung: Tätigkeiten rund um die Compliance in einer externen Gesellschaft organisieren. 56 Prozent der Befragten bewerteten die Idee zielführend, während die Diskussionsrundenteilnehmer auf dringend nötige, gemeinsam festgelegte interne Standards verwiesen, die wiederum die Individualität einschränken könnten.
Herausforderung 4: Die Digitalisierung
45 Prozent der befragten Vermögensverwalter gaben an, dass sie ihr Unternehmen mit einem Digitalisierungsgrad von derzeit 50 Prozent einstufen. Hemmnisse bei der Digitalisierung seien der beträchtliche Arbeits- und Zeitaufwand – auch wenn die Diskussionsteilnehmer darauf verwiesen, dass die Digitalisierung Schlüsselfaktor für die Attraktivität der Unternehmen gegenüber neuen Mitarbeitern und Kunden, effizientere Prozesse und niedrige Kosten sei.
Der 9. Vermögensverwaltertag findet am 15. November 2024 im Kölner Maritim Hotel statt.