Studie 73 Prozent der Stiftungen haben keine definierte Zielrendite

Abbildung in der Studie: Ansätze zur Umsetzung stiftungszweckkonformer Anlagen

Abbildung in der Studie: Ansätze zur Umsetzung stiftungszweckkonformer Anlagen

An der Studie beteiligten sich 110 gemeinnützige Stiftungen aus der Schweiz mit einem Gesamtvermögen von 3,2 Milliarden Schweizer Franken wovon 2,9 Milliarden Schweizer Franken frei investierbares Vermögen ist (92 Prozent).

>> Zur Studie: Die Vermögensverwaltung gemeinnütziger Stiftungen – State of the Art?

Einige Erkenntnisse:

Wissensstand zum Anlagemanagement


70.4 Prozent der Stiftungen verfügen über eine verbindlich formulierte Anlagestrategie, weitere 12 Prozent geben an, eine solche derzeit zu planen.

75 Prozent der Stiftungen haben in den letzten zwei Jahren ihre Anlagestrategie angepasst. Häufigster Grund dafür war mit 58 Prozent das Finanzmarktumfeld.

68.9 Prozent der Stiftungen haben Anlagerestriktionen festgelegt, um das Risiko der Investitionen zu minimieren.

Führungsgrundsätze (Governance) intern und extern

76 Prozent der Stiftungen haben keine Unabhängigkeitsregelung, obwohl Juristen wie auch Bankvertreter die häufigsten Berufsgruppen im Stiftungsrat ausmachen.

57 Prozent der Stiftungen nehmen keine Leistungsbeurteilung des Vermögensverwalters vor. Dieser Umstand kommt einem Blindflug gleich und dürfte sich auf die Erreichung der Vermögensziele nicht positiv auswirken. Die Umsetzung eines wirksamen, unabhängigen Investment Controllings kann Abhilfe schaffen.

In diesem Zusammenhang ergibt die statistische Auswertung der Umfrage, dass Vermögensverwalter weniger systematisch beurteilt werden, wenn ein Bankenvertreter im Stiftungsrat sitzt. Im Sinne der Unabhängigkeit mit stiftungsnahen Personen sollte vor allem diesem Punkt besondere Beachtung geschenkt werden.

Einen positiven Einfluss auf die Festlegung einer Zielrendite für das Stiftungsvermögen haben die Größe des Stiftungsrats, der Einsatz von Marketingspezialisten und Bankenvertretern.

Mehr Kompetenz in Anlagefragen ist positiv korreliert mit der Beurteilung des externen Vermögensverwalters. Eine weitergehende Professionalisierung der Vermögensverwaltung wird somit einen positiven Beitrag leisten.

Kosten der Vermögensverwaltung

Bezüglich der Kosten der Vermögensverwaltung legt die Auswertung nahe, dass Stiftungen lediglich die offengelegten Kosten beurteilen und die Gesamtkosten entsprechend ausser Acht lassen. Ihre tatsächlichen Kosten sind daher deutlich höher als die ausgewiesenen.

Weiter ergibt sich, dass die Kosten bei der Formulierung der Anlagestrategie durch einen externen Vermögensverwalter ansteigen.

Verbesserungspotenzial

73 Prozent der Stiftungen haben keine definierte Zielrendite. Dieser Umstand erschwert einerseits die Umsetzung einer geeigneten Anlagestrategie, andererseits lässt sie eine wirkungsvolle Leistungsbeurteilung mandatierter Vermögensverwalter nicht zu.

Die definierten Vermögensziele weichen im Durchschnitt erheblich von der umgesetzten Vermögensaufteilung ab. Hier besteht für Stiftungsräte Handlungsbedarf, denn eine Erreichung der gesetzten Ziele ist erschwert. Verbesserungsmaßnahmen bei der Umsetzung von Anlagestrategien sowie beim Investment Controlling sind die wichtigsten Ansatzpunkte.

Ebenso ergibt sich, dass Vermögensverwalter weniger systematisch beurteilt werden, wenn eine externe Mandatsvergabe existiert. Die Regel müsste umgekehrt sein.

Bedeutung und Verbreitung der zweckkonformen Anlagen

Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer bejaht mit 58 Prozent die Sinnhaftigkeit und zunehmende Relevanz stiftungszweckkonformer Anlagen.

42 Prozent der befragten Stiftungen setzen stiftungszweckkonforme Anlagen bereits um, allerdings beschränkt man sich hierbei mehrheitlich (62 Prozent der Stiftungen) auf den Ausschluss von dem Stiftungszweck zuwiderlaufende oder generell unethische Anlagen.

60.4 Prozent der Stiftungen geben an, dass sie bei gleichem Rendite/Risiko-Profil eine nachhaltige Anlagestrategie wählen würden.

Umsetzung

Bei der Umsetzung von zweckkonformen Anlagen greifen Stiftungen zu einem großen Teil auf Anlagefonds (42.9 Prozent) und strukturierte Produkte zurück (21.4 Prozent). Aus Kostengründen sollte hierbei, sofern aus Diversifikationsgründen vertretbar, vermehrt auf Anlagen in Einzeltiteln gesetzt werden. 

Rendite und Wirkungsmessung

Das Vorurteil einer Renditeeinbuße wird durch die positiven Erfahrungen der Stiftungen widerlegt, die zweckkonfrome Anlagen tätigen: 24 Prozent geben an, dass sie sogar eine bessere Rendite als mit traditionellen Anlagen erwirtschaften, 70 Prozent erzielen mindestens eine gleich gute Rendite und gerade mal 6 Prozent haben eine finanzielle Minderrendite hinnehmen müssen.

Lediglich 20 Prozent der Stiftungen messen die Wirkung ihrer Anlagen, davon lediglich 2.6 Prozent über einen standardisierten Ansatz (Rating oder Label), der Grossteil über aufwendige und qualitative Beschriebe. Die fehlende Standardisierung erscheint als wichtiger Grund dafür, dass keine Messung der Wirkung von Anlagen vorgenommen wird.

So beurteilen 65 Prozent der Umfrageteilnehmer ein standardisiertes Footprint Reporting (welches die Wirkung von Anlagen auf die reale Welt misst) als nützliches Tool für interne Kontrollzwecke, gar 67 Prozent der operativen/Trägerschaftsstiftungen sehen zudem auch einen Zusatznutzen für die Öffentlichkeitsarbeit.

Vorbehalte und Hindernisse bei der Anwendung

Die wesentlichen Vorbehalte gegenüber zweckkonformen Anlagen sind mangelnde Thematisierung im Stiftungsrat (42 Prozent), fehlende Anlageinstrumente (22 Prozent) und fehlende Messbarkeit der Anlagen (20 Prozent). Da es heute bereits eine Vielzahl von Umsetzungsmöglichkeiten gibt und auch nützliche Ansätze zur effektiven Messung der Wirkung von Anlagen zur Verfügung stehen, deutet dies darauf hin, dass seitens der Dienstleister noch mehr in Wissensvermittlung investiert werden muss. Auch den Dachorganisationen kommt hierbei eine wichtige aufklärende Rolle zu.

Etwaige Mehrkosten kommen für die meisten Stiftungen nicht in Frage, lediglich 15 Prozent wären bereit, eine Prämie für zweckkonforme Anlagen zu bezahlen.

Dem gegenüber erscheint die Aussage widersprüchlich, dass 65 Prozent der Umfrageteilnehmer nicht bereit wären, an einer gepoolten Anlagelösung teilzunehmen und so Kosten zu sparen. Die Kollaboration von Stiftungen sollte, nicht nur im Bereich der zweckkonformen Anlagen, weiter vorangetrieben werden.

Welche Akteure fördern die Umsetzung zweckkonformer Anlagen?

Die Chancen für zweckkonformes Anlegen sind am größten, wenn der gesamte Stiftungsrat für die Strategieumsetzung verantwortlich ist.

Die Chancen für zweckkonformes Anlegen sinken, wenn Juristen im Stiftungsrat vertreten sind.

Weiter lässt sich kein Zusammenhang zwischen dem Entscheid, zweckkonforme Anlagen umzusetzen und dem jeweiligen Stiftungszweck, Alter, Größe der Stiftung, Rechtsform oder Vorhandensein eines Geschäftsführers eruieren.

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