Advisory Boutique Optimaler Großbank-Dienstleister

Spiros Margaris, Margaris Advisory

Spiros Margaris, Margaris Advisory

Es mag sich für manchen befremdlich anhören, wenn von der „Advisory Boutique“ innerhalb einer Großbank wie der Deutschen Bank oder der Commerzbank die Rede ist. Genau in diesem Ansatz liegt jedoch die Zukunft der Großbanken.

Was macht eine Boutique aus? Sie hat im Normalfall eine überschaubare Organisation, hat ein unabhängiges Experten-Team als Management, bietet hoch spezialisierte und kompetente Anlageberatung, die Interessen der Investoren und der Manager sind die gleichen, sie sind sehr performanceorientiert und die Boutique ist - quasi als Shop-in-Shop - im Besitz des Managements.

Der hier vorgestellte Ansatz kann die Vorteile und Attraktivität der Boutique innerhalb einer Großbank vereinen. Man muss sich die Advisory Boutique als eine Division innerhalb einer Großbank vorstellen, die Asset Management Boutiquen und die Consulting Boutiquen als zwei Einheiten unter einem Dach vereint. Sie würde die bestehenden Divisionen „Private Banking & Wealth Management“ und „Investment Banking“ als dritte Division ergänzen.

Die Aufgaben der Asset Management Boutiquen ist die Verwaltung von Vermögen, die der Consulting Boutiquen ist die Beratung von Kunden bezüglich Auswahl der am besten für sie geeigneten Asset Management Boutiquen oder anderer Dienstleister. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Strategievorschlages ist, dass die Einheiten der Advisory Boutique als unabhängige Einheiten innerhalb der Großbank tätig sind, aber mit der Stärke, dem Einfluss und der Reichweite einer Großbank.

Bester Service

Die Boutiquen erfreuen sich einer sehr großen Beliebtheit bei den vermögenden Kunden und Family Offices, da diese sich nur mit dem besten vom Markt angebotenen Service abgeben wollen. Der beste Service kann natürlich unterschiedlich verstanden werden, aber für die meisten Kunden ist es die Fähigkeit des Managements, langfristig beständige Out-Performance (Überrendite) zum Benchmark zu erzielen.

Eine Voraussetzung der Out-Performance ist es, dass die Teams aus Experten zusammengestellt sind, die einen starken Performanceausweis mitbringen. Ein hervorzuhebender Aspekt ist darin zu sehen, dass bei Großbanken die Manager und Experten mit wachsender Qualifikation dahin streben, befördert zu werden und andere Aufgaben zu übernehmen, oder zu einer gegebenenfalls auswärtigen Boutique zu gehen oder selbst eine zu gründen. Dies gilt insbesondere vor der Hintergrund der Freiheiten, die der hohe Selbstständigkeitsgrad mit sich bringt.

Durch die Advisory Boutique werden die Fluktuation und somit auch der Braindrain (Know-how - und Talentverlust) im hohen Masse vermindert. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Erfolgs dieses Ansatzes besteht darin, dass die Teams sehr motiviert sind, optimale Leistungen für den Kunden zu erbringen, da sonst die Gefahr besteht, dass die Kunden abspringen. Dies zieht für die Teams persönliche Konsequenzen nach sich, da dann das Geschäftsmodell und ihre ganze Existenz gefährdet werden.

Um den Erfolg zu gewährleisten, müssen die Verantwortlichen unternehmerisch denken und handeln. Sie haben einen starken Fokus auf die Kundenbeziehungen, weil sie mehr als eine Großbank aufgrund der kleineren Kundenbasis davon abhängig sind. Diese gesuchte Nähe zwischen dem Management und dem Kunden, die Teamkompetenz und die Qualität der Leistungen erhöhen die Kundenzufriedenheit und verstärken das Kundenerlebnis.

Übertragbarer Ansatz

Die internationale „Too Big to Fail“ Debatte wird den Trend hin zu diesem Vorschlag noch weiter vorantreiben. Schon lange ist erkennbar, dass sich die Multi-Boutiquen (mehrere Einheiten unter einem Dach) bei Fondsgesellschaften und Kunden großer und stark wachsender Beliebtheit erfreuen. Der Erfolg der Fondsgesellschaften mit dem Multi-Boutiquen Ansatz kann auf eine Großbank übertragen werden und dies auch noch mit viel mehr strategischen Erfolgsopportunitäten verbinden.

Der vorgeschlagene Ansatz wird bei den meisten Großbanken aber noch nicht umgesetzt, obwohl dieser viel Potential und eine breite Erfahrung in sich birgt. Das Management einer Großbank wird sich sagen, dass es dem Kunden bereits Spezialisten und Fonds anbietet, die genau das machen, was die Advisory Boutique Division verspricht. Dem ist aber nicht so, denn die Leistungen, die Services und die Abhängigkeiten sind so verschieden, wie sich das Geschäftsmodell einer Großbank von dem einer Boutique unterscheidet.

Der Ansatz vereint die Vorteile der Boutiquen (Out-Performance, keine Interessenkonflikte, Kontinuität des Top Managements, Kundennähe, Unternehmertum, und andere) in sich und setzt sie innerhalb einer Großbank als eigenständige Division um. Für die Umsetzung innerhalb einer Großbank braucht es strukturelle Veränderungen und genau diese Veränderungen tragen dazu bei, das Geschäftsmodell innovativ für die Zukunft zu erneuern und vorzubereiten.

Wie jede Strategie birgt auch die Advisory Boutique Risiken, die aber durch Strukturen und Prozesse maßgeblich gemindert werden können. Eine parallele Strategie innerhalb der Großbank bedeutet Diversifikation der Risiken, die die Haftungsverpflichtungen der Bank mindert. Die Boutiquen sind sehr beliebt bei den Ultra-Reichen. Diese Tatsache sollte die Großbanken, die in diesem Kundensegment das größte Wachstumspotenzial sehen, aufhorchen lassen. Das Undenkbare muss denkbar gemacht werden.

Wie schon der Philosoph Demokrit (460 - 370 vor Christi) gesagt hat: „Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.“

Über den Autor: Spiros Margaris ist Gründer und Geschäftsführer der Beratungsboutique Margaris Advisory. Er besitzt einen MBA von der Toronto University & EMBA der Universität St. Gallen (HSG) sowie über 20 Jahre internationale Berufserfahrung im Investment Management für institutionelle Kunden, Family Offices und HNWIs. Er veröffentlicht regelmäßig Aufsätze zu innovativen Lösungen und Strategien zu den Themen Banking und Asset Management.

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