Boutiquen in der Asset-Management-Industrie „Derzeit läuft alles auf eine Monokultur hinaus“

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Was bedeutet es eigentlich, wenn ein Haus vom Inhaber geführt wird?


Michael Kohlhase: In der Regel wird der Gründer mit Herzblut dabei sein und sich verantwortlich fühlen. Anders als bei großen Fondsgesellschaften, wo ein Investmentprozess irgendwo auf dem Papier steht, lebt und prägt ein Inhaber die Prozesse seines Unternehmens maßgeblich. Das führt zu ganz eigenen Entscheidungswegen, die man beispielsweise im Portfoliomanagement auch gar nicht so einfach kopieren kann. Ein Nachbauen von erfolgreichen Investmentstrategien wird dadurch extrem schwierig.

Cunha: Die Firmen stehen für gewisse Werte und Überzeugungen, sie sind konsequent darin und dadurch authentischer in ihrem Handeln. Ein Aspekt ist, dass kleinere Asset Manager Fonds konsequent schließen, wenn diese eine ihrem Anlagethema entsprechende Maximalgröße erreicht haben. Bei großen Fondsgesellschaften hat man vielmehr den Eindruck, dass die Assets under Management ausschlaggebend sind. Es werden also auf Teufel komm raus Gelder eingesammelt – was mit gewissen Folgen auf der Risikoseite der Fonds verbunden ist.

Patrick Linden: Ein weiterer Aspekt von konsequentem Handeln ist die Kontinuität von Personal, Strategie und Produkten. Es wird eben nicht irgendwelchen Modeerscheinungen nachgelaufen. Boutiquen wie unser Haus Rouvier Associés mit über 30 Jahren Firmenhistorie haben ebenso wie DJE Kapital, Carmignac Gestion und Flossbach von Storch in der Finanzkrise an ihren Überzeugungen und Fondsprodukten festgehalten. Große Häuser können das eher nicht von sich behaupten. Sie haben ihre Marketing-getriebenen Fondspaletten zusammengestrichen. Konnten sie auch, weil sie teilweise über 200 Produkte oder mehr verfügen. Immer eins für jeden Modetrend.

Ein Vorteil für Anleger von Boutique-Produkten ist, dass man Fragen zur Wertentwicklung eines Fonds, und sei es zur Begründung von schlechten Phasen, beantwortet bekommt. Der Inhaber, die Führungsebene sind dort im Regelfall von Anfang an dabei. Bei größeren Gesellschaften indes ist bei Fragen zur langfristigen Fondshistorie der entsprechende Portfoliomanager längst nicht mehr im Unternehmen.

Benner: Der Boutiquen-Charakter ergibt sich nicht, weil unbedingt der Inhaber im Mittelpunkt steht, sondern aus dem Fehlen von Konzernstrukturen. Gerade für Family Offices und Vermögensverwalter ist es wichtig, dass kein Interessenkonflikt zwischen Portfoliomanagement und Geschäftsmodell besteht. Bei Boutiquen, die in der Hand des Inhabers oder sogar einer größeren Zahl von Mitarbeitern liegen, haben die die gleichen Interessen wie ihre Anleger. Läuft es gut, freut man sich gemeinsam. Und andersherum.

Deshalb ist die Höhe der Assets under Management einer Boutique am Ende doch nicht unwesentlich. Irgendwann schlägt das Performance-getriebene Geschäftsmodell in ein Volumen-getriebenes um. Und dann ist es hin mit der gleichen Interessenlage von Boutique und Anleger.