Deutscher Immobilienmarkt Angebotsmangel zwingt Investoren teilweise in die Randlagen

Frank Pörschke, Helge Scheunemann und Jörg Ritter (v.l.n.r.)

Frank Pörschke, Helge Scheunemann und Jörg Ritter (v.l.n.r.)

Das Vermögen der geschlossenen beziehungsweise in der Abwicklung befindlichen Immobilienfonds beläuft sich derzeit auf 24,4 Milliarden Euro. Verkauft hätten die Gesellschaften bisher vor allem die Perlen in den Portfolios, nämlich Handels- und Gastronomieimmobilien.

„Es befindet sich viel Qualität in den Portfolien der Fonds“, sagte Jörg Ritter, Leiter Einzelhandels-Investment und -Vermietung bei Jones Lang LaSalle Deutschland. Zum Teil müsse man aber noch nacharbeiten, um am Markt bessere Verkaufschancen zu haben. Bei einem Shopping-Center in Kiel hätte etwa noch eine Baugenehmigung hinterlegt werden müssen, um die Lebensdauer des Objekts zu verlängern. „Wir beobachten aber, dass die Fonds Geld für solche Maßnahmen zurücklegen“, so Ritter.

Bis 2017 müssten vor allem noch Büroimmobilien aus den Fonds den Besitzer wechseln. Das entspräche etwa einer Milliarde Euro pro Jahr, die vom Markt absorbiert werden müssten. „Das ist aber nur ein Problem, wenn die Immobilien nicht der Nachfrage entsprechen.“

Deutschland als sicherer Hafen 

Das Vertrauen in Deutschland sei insgesamt hoch. „Der Begriff des sicheren Hafens ist in aller Munde. Und wenn Anleger sich fragen, in welche Regionen und mit welchen Anlageformen sie noch investieren können, kommen sie an Immobilien nicht vorbei“, sagt Frank Pörschke, Geschäftsführer von Jones Lang LaSalle Deutschland.
Der Immobiliendienstleister zog Anfang der Woche in Frankfurt Bilanz nach dem ersten Halbjahr 2012 für den Gewerbeimmobilienmarkt in Deutschland. Danach zeigt sich nach einem durchaus regen ersten Quartal jetzt ein etwas abgeschwächtes Geschehen.

Investitionen in Gewerbe-Immobilien sinken

Das zwischen April und Juni in Gewerbe-Immobilien investierte Kapital lag mit 4,2 Milliarden Euro um rund einer Milliarde Euro hinter dem ersten Vierteljahr. Für das erste Halbjahr summierte sich das Transaktionsvolumen damit auf etwa 9,4 Milliarden Euro. Das sind rund 16 Prozent weniger als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres.

„Trotz dieses Minus besteht aus unserer Sicht kein Grund zur Unruhe. Die Investorennachfrage ist nach wie vor stabil, und wir erwarten ein reges Investmentgeschehen im zweiten Halbjahr“, so Pörschke. „An der Ende 2011 ermittelten Prognose von rund 23 Milliarden Euro Transaktionsvolumen für 2012 hält das Unternehmen fest.

Auf die „Big Seven“ – also die Städte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart – entfielen mit 5,13 Milliarden Euro mehr als die Hälfte des Volumens. Hier fällt das Minus im Vergleich zum ersten Halbjahr 2011 mit 4 Prozent auf den ersten Blick auch moderater aus als im Gesamtmarkt.

München mit Ausreißern

Aber: Während München und Stuttgart ihre Umsätze deutlich erhöhen konnten, sind in allen anderen Hochburgen Rückgänge im Zwölf-Monats-Vergleich zu verzeichnen: minus 46 Prozent in Frankfurt, minus 30 Prozent in Köln und Düsseldorf, minus 26 Prozent in Hamburg und minus 7 Prozent in Berlin.

Im Münchener Umsatzwert von rund 1,6 Milliarden Euro sind einige größere Transaktionen enthalten. So schlugen die Maximilianhöfe (Büros) mit 270 Millionen Euro zu Buche; die Pasing Arcaden (Einzelhandel) wechselten für 250 Millionen Euro den Besitzer.

Büros und Einzelhandel sind gefragt

Der Anteil der gehandelten Büro-Investments blieb mit 44 Prozent auch im zweiten Quartal auf einem hohen Niveau. Über das gesamte Halbjahr hinweg wechselten Büroimmobilien im Volumen von 4,2 Milliarden Euro den Besitzer und damit rund 45 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2011.

„Nach einem schwachen Jahresbeginn haben Einzelhandelsimmobilien entgegen dem Gesamttrend im Frühjahr leicht zugelegt“, sagte Jörg Ritter, Leiter Einzelhandels-Investment und -Vermietung bei Jones Lang LaSalle Deutschland. Sie kämen nun auf einen Anteil von 30 Prozent (2,9 Milliarden Euro). Mehr als die Hälfte davon entfiel auf den Verkauf von Shopping Centern. Es folgen Fachmarktzentren, die ihren Anteil auf aktuell 16 Prozent verdoppeln konnten.

Zahl ausländischer Investoren wächst

Ausländische Investoren haben ihre Aktivitäten laut Halbjahresbericht in Deutschland in den vergangenen beiden Jahren wieder deutlich erhöht. Insbesondere institutionelles Kapital von Pensionsfonds und Versicherungen sei auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten, und Deutschland stehe als Zielland nach wie vor ganz weit oben auf der Liste möglicher Investitionsländer.

In den ersten sechs Monaten haben ausländische Investoren für rund 3,1 Milliarden Euro deutsche Immobilien gekauft. „Ein höheres Volumen wird durch das Angebot an geeigneten Produkten begrenzt. Wir gehen aber davon aus, dass sich ausländische Investoren in der zweiten Jahreshälfte abschlussfreudiger zeigen und sich der Anteil dann auf etwa die Hälfte des Transaktionsvolumens einpendeln wird“, so Helge Scheunemann, Leiter Research Jones Lang LaSalle Deutschland. Ritter ergänzt: „Der Fokus dieser Käufergruppen liegt nicht zuletzt auf Einzelhandelsimmobilien aus dem Core-Segment, auch hier spielt der Sicherheitsaspekt eine wesentliche Rolle.“

Qualität verkauft sich am besten

Gefragt seien weiterhin Lage- und Objektqualität. Und so sei es nicht überraschend, dass der Core-Anteil am gesamten Transaktionsvolumen dominiere und bei etwas unter 60 Prozent läge. Es fehle an größeren Transaktionen aus dem Core+/Value add-Spektrum, auch wenn eine kleine Erhöhung der Risikobereitschaft auszumachen sei. „Der Angebotsmangel zwingt Investoren in einigen Fällen auf andere Lagen auszuweichen, die Ansprüche bei Qualität und Mieterbonitäten bleiben aber bestehen. Daran wird sich auch im weiteren Jahresverlauf nur wenig ändern“, so Scheunemann.

Der Blick auf die Renditen offenbare in fast allen Segmenten Stabilität, nur für Büroimmobilien hätten sich die Spitzenrenditen über alle sieben Hochburgen hinweg um rund 10 Basispunkte auf 4,82 Prozent reduziert. „Der Druck bleibt aufgrund des Nachfrageüberhangs bestehen, dennoch erwarten wir im weiteren Jahresverlauf nur noch mäßige Rückgänge und eine Seitwärtsbewegung im nächsten Jahr“, so Scheunemann.

Und weiter: „Ein anderes Bild zeigt sich für Produkte oder Standorte, die eben nicht die Anforderungen an eine risikoarme Investition erfüllen. Hier zeigen die Renditen eher nach oben und die Schere öffnet sich weiter, mit stabilen oder leicht steigenden Renditen, je nach Lage, Qualität, Restlaufzeit und Mieterbonität auf bis zu 240 Basispunkte.“
Mit der Wertentwicklung verhalte es sich entsprechend. Nachdem 2011 im Schnitt gut 5 Prozent Wertzuwachs generiert worden seien, würden dieses Jahr mehr als 6 Prozent erwartet. Treiber dieser Entwicklung seien in erster Linie die Mietpreise: Weil sich die Renditen 2012 nur noch wenig bis gar nicht mehr bewegten, werde sich der Einfluss der Mietpreise verstärken.

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