Europäische Bankenunion So funktioniert der Single Supervisory Mechanism (SSM)

Markus Schuller, Gründer von Panthera Solutions

Markus Schuller, Gründer von Panthera Solutions

Vor genau einem Jahr verfassten wir mit „Gemeinsame Bankenaufsicht. Wie kann sie funktionieren?“ eine Analyse zu den notwendigen Erfolgsfaktoren für die Umsetzung des Single Supervisory Mechanisms (SSM). Damals argumentierten wir, dass eine gut umgesetzte Bankenunion notwendig ist.

„Gut“ bedeutet aus unserer Sicht ein wirksames Zusammenspiel folgender vier Elemente: In einer zweiteiligen Serie von Analysen nehmen wir nun zum aktuellen Stand der Umsetzung dieser vier Bausteine einer Bankenunion Stellung, wobei wir heute mit dem SSM beginnen. Es folgt eine weitere Stellungnahme zu SRM, einheitlichem Aufsichtshandbuch und der gemeinsamen Einlagensicherung.

SSM – Worum geht es?

Seit Oktober 2013 ist es offiziell. Mit der Verordnung (EU) Nummer 1024/2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank („EZB“) ist die Ausgestaltung des SSM fixiert. Damit übernimmt die EZB erstmals Bankaufsichtsaufgaben und es entsteht ein neues System der Finanzaufsicht. Gestartet wird am 4. November 2014. Die EZB erhält umfassende Rechte, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können. Hier zusammengefasst:

- die Zulassung von Kreditinstituten und den Entzug von Banklizenzen

- die Überwachung der Einhaltung von Eigenkapital-Leverage- und Liquiditätsanforderungen auf individueller und konsolidierter Ebene und die Sanktionierung bei Nichteinhaltung sowie

- die Beaufsichtigung von Finanzkonglomeraten.

Weitere wichtige Details zum SSM

Wie funktioniert der SSM? Die EZB wird „bedeutende“ Kreditinstitute und- gruppen direkt beaufsichtigen. Ein Institut gilt als bedeutend, wenn die Bilanzsumme mehr als 30 Milliarden Euro oder 20 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Landes beträgt. In jedem Fall sind zumindest die drei größten Institute eines Landes zu überwachen.

Nach heutigem Stand erfüllen 128 Banken(gruppen) in der Eurozone, die jedoch etwa 85 Prozent der Bilanzsummen aller Banken umfassen, die Vorgaben für eine direkte Beaufsichtigung durch die EZB. Die genaue Zahl kann sich bis zum Start noch geringfügig ändern.

Die restlichen „unbedeutenden“ – aber zahlenmäßig weitaus überwiegenden – Banken sollen weiterhin primär von den nationalen Aufsichtsbehörden beaufsichtigt werden, wenngleich diese an Anweisungen der EZB gebunden werden können. Die EZB kann jederzeit beschließen, die Zuständigkeit für ein weniger bedeutendes Kreditinstitut zu übernehmen.

Reichweite des SSM


Die SSM-Verordnung gilt an sich nur in der Eurozone. Mitgliedstaaten außerhalb der Eurozone können auf freiwilliger Basis teilnehmen, wenn sie eine so genannte „enge Zusammenarbeit“ mit dem SSM eingehen. Für grenzüberschreitend agierende Kreditinstitutsgruppen, die sowohl in der Eurozone als auch in Mitgliedstaaten außerhalb tätig sind, wäre es wichtig und wünschenswert, dass EU-Staaten außerhalb der Eurozone zahlreich und gleichberechtigt am SSM teilnehmen werden. Dies trifft vor allem die osteuropäischen Staaten, in den viele westeuropäische Institute tätig sind.

Comprehensive Assessment


Die EZB setzte durch, vor Übernahme der Verantwortung ein umfassendes Bild über die Risiken der systemrelevanten Banken zu machen. Diese Comprehensive Assessment genannte Prüfung sieht folgende Bereiche vor:

- eine Risikoprüfung (Risk Assessment)

- eine Bilanzprüfung (Asset Quality Review – AQR) mit Stichtag 31.12.2013

- ein Stresstest auf Basis des AQR und in Abstimmung mit EBA Die EZB prüft derzeit 128 Institute auf Herz und Nieren. Dadurch sollen Altlasten und Kapitallücken in den Bilanzen aufgespürt werden, Löcher müssten die Banken mit frischem Geld stopfen.