Alternatives Portfoliomanagement „Die Underperformance von Publikumsfonds ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts stabil“

Markus Schuller von Panthera Solutions

Markus Schuller von Panthera Solutions

Die schiere Größe ist beeindruckend.  Laut dem aktuellen 2011 Factbook des Investment Company Institute verwalten Publikumsfonds weltweit 24,7 Billionen US-Dollar (Stand: Ende 2010) in 69.519 Fondsstrukturen. 48 Prozent dieser Assets werden in den USA gemanaged. Bei Publikumsfonds sprechen wir in der Regel von „Long Only“-Aktien-, Renten-, Misch- oder Geldmarktfonds.

Hoffnung auf Alpha

Die Existenzgrundlage für Publikumsfonds liegt in der Aussicht auf Outperformance gegenüber der jeweiligen Benchmark. Also dem Erzielen von Alpha. Dazu muss die Brutto-Outperformance im Vergleich zum Index groß genug sein, um nach operativen Managementkosten, Transaktionskosten, Strukturkosten und Vertriebskosten immer noch Alpha in das Portfolio des Investors zu liefern. So die Annahme.

Wie gut gelingt es der Industrie, die eigenen Ansprüche zu erfüllen? Nun, nicht allzu gut. Mit steter Regelmäßigkeit belegen Studien die Underperformance von Publikumsfonds. Einige Beispiele aufgelistet:

Edelen, Richard Evans (2007): “Scale Effects in Mutual Fund Performance – The Role Of Trading Costs” | Christopher Philips, Francis Kinnery (2010): “Mutual Fund Ratings and Future Performance” | Marlena Lee (2009): “Is there skill among active bond managers?” | Larry Swedroe (2011): “The Quest for Alpha” | Roger Burton Malkiel (1996): “A Random Walk Down Wall Street” | Mark Carhard (1997): “On Persistence in Mutual Fund Performance,” | Mark Carhart, Jennifer Carpenter (2002): “Mutual Fund Survivorship,”

Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Ob bei kurzen oder langen Zeiträumen, Aktien oder Rentenfonds, erfahrenen oder durchstartenden Managern. Das Muster der chronischen Underperformance von Publikumsfonds kann seit Mitte des 20. Jahrhunderts als stabil angenommen werden.

Alles beim Alten

Sollte man nun einwerfen wollen, dass sich die Industrie seit geraumer Zeit mit Innovationen zu bessern versucht – Stichwort 130/30 Fonds oder Absolute/Total-Return Publikumsfonds auf Basis der traditionellen Asset-Klassen - sei eine Statistik gegenübergestellt: laut 2011 Factbook hielten Aktienfonds – inklusive etwaiger Mutationen - weltweit Ende 2010 zu 95,2 Prozent Aktien und 3,5 Prozent Cash.

Ein altes Finanzmarkt- Sprichwort sagt: „Mutual Funds are sold, ETFs are bought.“ Es verweist also auf die immer noch gut funktionierenden Vertriebswege der Publikumsfonds-Initiatoren, trotz bescheidender Leistungsschau. Doch liegt das strukturelle Problem der Publikumsfonds nicht an den Kosten (Total Expense Ratio, TER) oder am Underperformance-übertönenden Vertrieb.

Das Ende der Klassiker

Im Kern liegt es an den finanztheoretischen Basisannahmen, auf deren Grundpfeilern die Industrie ihren kommerziellen Erfolg aufbaute. Wir sprechen hier über quantitative und qualitative Optimierungsmethoden auf der Basis von Harry Markowitz´s Modern Portfolio Theory, William Sharpe´s Capital Asset Pricing Model (CAPM) und Eugene Fama´s Effizienzmarkthypothese.

Alle drei Grundbausteine wurden in den 1950/60ern postuliert. Deren Ansätze waren in der damaligen Zeit als Fortschritt in der Erklärung von Marktzusammenhängen willkommen. Doch in einer globalisierten Welt erzeugen Strategien auf Basis der genannten Modelle mehr Instabilität denn Robustheit in den angestrebten Diversifikationseffekten, weil die Methoden einer dynamisch steigenden Marktkomplexität nicht weiter gewachsen sind.

Exkurs in die Theorie

Um die Tragweite der Instabilität zu verstehen, machen wir ein Ausflug in die Geschichte des Portfoliomanagements.

Der US-Amerikanische Ökonom Harry M. Markowitz gilt als Vater der Modernen Portfoliotheorie (MPT). Seine Publikationen 1952 („Portfolio Selection“ im Journal of Finance) und 1959 („Portfolio Selection: Efficient Diversification of Investments“ im Verlag John Wiley & Sons)  gelten auch heute noch als Standardwerke an den führenden Universitäten dieser Welt und brachten ihm 1990 den Nobelpreis ein. 

Markowitz wollte die Entscheidung zur Diversifikation der Anleger wissenschaftlich begründen und quantifizieren. Er führte also erstmals einen wissenschaftlichen Nachweis über die positive Auswirkung von Diversifikation auf das Risiko und mögliche Rendite des Gesamtportfolios.

Seine Bestimmung des Mean-Variance-Portfolios entlang der Efficient Frontier, also jener Allokation von verschiedenen Investments, die bei gegebener erwarteter Rendite keine anderen Portfolios mit geringerem Risiko bilden kann, war und ist unter Praktikern sowie Akademikern gleichermaßen beliebt. Es ist relativ leicht verständlich, flexibel einzusetzen und ohne großen Datenbedarf zu kalkulieren.

Problem mit der Realität

Bereits Anfang der 1960er Jahre kamen erste Zweifel auf, ob eine mittels MPT errechnete Portfolio-Allokation ausreichend die Realität des Finanzmarktes widerspiegelt. Der 2010 verstorbene, renommierte Mathematiker Benoit Mandelbrot, wies als einer der Ersten auf die Limitierung der MPT hin. Mandelbrot fand in Nassim Taleb einen Nachfolger in seiner fundamentalen MPT-Kritik.

Beispiel 1: Markowitz geht davon aus, dass Renditen von Investments normalverteilt sind, sprich, eine Tagesrendite häufig Nahe +/- 0 Prozent liegt und flach in beide Extreme hinabfällt. Die Realität zeigt uns deutlich, dass diese Annahme inkorrekt ist. Speziell in Krisenzeiten verhalten sich Renditen nicht normalverteilt.

Beispiel 2: Markowitz geht davon aus, dass das Ausmaß künftiger Preisschwankungen eines Wertpapiers nicht von den Preisschwankungen in der Vergangenheit abhängen. Das noch junge Fachgebiet der Behavioural Finance widerlegte auch diese Annahme.

Die Liste an fragiler beziehungsweise erwiesenermaßen falscher Annahmen der MPT ließe sich noch fortsetzen. Wichtig zu wissen ist, dass sich auf Basis der Annahmen beider Beispiele viele etablierte Modelle, wie CAPM, VaR oder die Efficient Market Hypothesis im Laufe der Jahrzehnte entwickelten. 

Das Ergebnis: Als Konsequenz des Einsatzes dieser traditionellen Modelle wird das Risiko am Finanzmarkt systematisch unterschätzt.

Eine Anekdote

Während der Bankengespräche am letztjährigen Europäischen Forum in Alpbach durfte ich einem Vortrag des Österreich-Chefs einer der größten Publikumsfonds-Gesellschaften der Welt folgen. Er rühmte sich um deren Alleinstellungsmerkmal, weltweit alle 7 Minuten in Meetings mit Unternehmensführern zwecks Investment Due Diligence zu sitzen.

Eingeleitet wurde sein Vortrag von einem gewichtigen Vertriebspartner, der augenzwinkernd auf die mäßige Performance der Produkte im Benchmark-Vergleich hinwies. Beide vergaßen aber zu sagen, dass, wie zuvor gezeigt, die grundsätzliche Allokationslogik in liquiden Märkten mittels „Long only“-Ansatz auf Basis klassischer Optimierungsmethoden prädestiniert ist, Underperformance zu erzielen.  Entlang der Vertriebskette kommt es zu einem Win-Win-Lose-Gefälle. Für Manager und Vertrieb ein Gewinn, für Investoren ein Verlust, sprich Underperformance.

Fazit

Je liquider die Underlyings, desto passiver hat die Abbildung in einem Portfolio zu erfolgen.


Die dreiteilige Serie zum Thema „Alternatives Portfoliomanagement“ wird kommende Woche fortgesetzt.

Für Interessierte: Den weiteren Ausführungen von Markus Schuller zum Thema alternatives Portfoliomanagement können Interessierte am 14.-16. März 2012 folgen. Dann veranstaltet Schuller einen Workshop in Wien zusammen mit der Wiener Börse Akademie und dem Management Forum. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Autor: Markus Schuller ist Gründer von Panthera Solutions, einem Beratungsunternehmen für strategische Asset Allocation im Fürstentum Monaco. Zuvor war er über zehn Jahre als Asset Manager und Produktentwickler bei Banken und Asset Managern tätig. Er kommentiert für diverse Qualitätsmedien den Markt und referiert regelmäßig auf Konferenzen zum Thema Asset Allocation.

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